Landeshauptstadt: Ein Schloss für Kinder
Kita am Heiligen See feierte 60-jähriges Bestehen / Fassadensanierung erst ab 2015
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Berliner Vorstadt – Dem Rittmeister August Andreae ist Gerlinde Ihrke heute noch dafür dankbar, dass er ein so schönes Landhaus bauen ließ. „Dankbar sind wir vor allem auch jenen, die dafür gesorgt haben, dass wir noch heute ein Kinderparadies in diesem Denkmal haben“, sagt die Kita-Leiterin. Gestern feierte die Einrichtung des Evangelischen Jugend- und Fürsorgewerkes (EJF) 60 Jahre Kinderbetreuung am Heiligen See.
Wenigstens im Inneren hat der Kommunale Immobilienservice (KIS) das Haus nach den vorgeschriebenen Standards für eine Kita herrichten lassen. Die Stadt bezahlte auch den Dachausbau, immerhin 1,5 Millionen Euro. Die ehemaligen Pferdeställe ließ der Träger laut EJF-Vorstand Siegfried Dreusicke für 70 000 Euro zum Kinderatelier umbauen. Neueste Errungenschaft sind die schon von der Seestraße aus sichtbaren Sandsteine von Bildhauer Matthias Schmidt. Auf ihnen können die Kinder mit Meißel und Holzhammer ihre Spuren hinterlassen. Die bröckelnde und mit Graffiti beschmierte Fassade müsse noch warten, sagt der Fachbereichsleiter Jugendamt Norbert Schweers: „Wir haben noch ein Dutzend Kitas brandschutzsicher zu machen, das geht vor.“ Bis 2014 sei das Budget nach seiner Kenntnis ausgebucht. Danach könne vielleicht die Fassade des Hauses drankommen.
Bei dem Landhaus handelt es sich um ein kleines dreiflügeliges Schloss mit Wohnhaus, Wirtschafts- und Stallgebäuden. Der Architekt des Schlosses Cecilienhof Paul Schulze-Naumburg lieferte den Entwurf hierfür. 1914 war es fertig.
„Ich werde dem Haus immer verbunden bleiben“, bekennt Ina Ernst, die seit den achtziger Jahren bis 1999 hier Leiterin war. An einem weiß gedeckten Tisch hatte sie gemeinsam mit ehemaligen Erzieherinnen auf Einladung des EJF Platz genommen. Den Übergang zum neuen Träger vor elf Jahren hat sie nicht mitgemacht, ging für zwei Jahre in die Arbeitslosigkeit und mit 60 Jahren in Rente. Bereits 1959 hatte sie hier während ihrer Ausbildung zur Säuglingspflegerin zu tun. Später war es ihr „zweites Zuhause“, sagt sie. Das Leben mit den Kindergruppen war wie das in einer Familie. „Das war das Schönste.“
Laut Ihrke betreuen die 14 Erzieherinnen derzeit 121 Kinder von null bis sechs Jahren, insgesamt hat die Kita 18 Mitarbeiter. Für die Aufnahme gebe es lange Wartelisten, sagt die Leiterin. Die Stadt Potsdam wird offenbar vom Kinderboom überrascht. Beigeordnete Elona Müller-Preinesberger nennt einen Bedarf von 14 000 Kitaplätzen im nächsten Jahr, 600 mehr als 2011. „Können wir uns das finanziell noch leisten?“, so ihre rhetorische Frage und die Versicherung: „Wir gehen den Weg weiter, den wir eingeschlagen haben.“
Die Kinder, die in der Seestraße 43 betreut werden, kommen mitnichten nur aus der Berliner Vorstadt. „Unser Konzept hat eine große Anziehungskraft“, sagt Leiterin Ihrke. In Anlehnung an die Reggio-Pädagogik sei die Betreuung von der „Wertschätzung des Bildes vom Kind“ geprägt. Kinder hätten Kompetenzen, Energie, Kreativität und Fantasie, ihre Erzieher seien Begleiter und Dialogpartner. Günter Schenke
Günter Schenke
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