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Homepage: Ein Spiegel deutscher Geschichte In Potsdam verknüpft

sich Militär mit Zivilem

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Der „Geist von Potsdam“ ist keine statische Größe. „Er hat viele Schichten“, meint Martin Rink. Militär und Bürgertum, Garnisonsbauten und Luxusvillen, Parks und Exerzierplätze. In den Bauten der brandenburgischen Hauptstadt spiegele sich die Geschichte des Deutschen Reiches ebenso wie die neuere deutsche Geschichte. Das Augenmerk seiner Betrachtungen legt Rink, Mitarbeiter am gerade umbenannten Potsdamer Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr, allerdings auf die Spuren des Militärs in der Stadtgeschichte. Am Sonntag sprach er in der Reihe „Potsdamer Köpfe“.

Drei Daten wählte Rink als beispielhaft für die Stadtgeschichte aus: 1713, 1813 und 1933. Um 1713 entschloss sich Friedrich Wilhelm I., Potsdam zu einer Garnisonsstadt auszubauen und hier seine Regimenter zusammenzulegen. Soldatenunterkünfte entstanden ebenso wie wenig später die Garnisonkirche, die Heilig-Geist-Kirche und der erste Bau der Nikolaikirche. Friedrich I. hatte Preußen mit barock ausufernder Hofhaltung und Lebensführung an den Rand des Ruins gebracht. Deshalb sah der Sohn Friedrich Wilhelm I. seine Aufgabe vorwiegend darin, das Königtum wieder auf eine solide finanzielle Grundlage zu stellen. Das hinterließ seine Spuren auch im Stadtraum. Aus „Typenhäusern“, Bauten von der Stange, entstand das „Holländische Viertel“. Darin fanden die aus Holland angereisten Handwerker und heimische Soldaten eine Unterkunft. „Für die damalige Zeit waren die Häuser bequem ausgestattet, auch wenn die Doppelstockbetten heute wohl gewöhnungsbedürftig wären“, so Rink.

Die Häuser waren den Soldaten nicht nur Heim sondern auch Werkstatt, denn erhebliche Teile des Jahres waren die Soldaten freigestellt. Sie erhielten keinen Sold und mussten mit allerlei Handwerksarbeiten für sich selbst sorgen. Zugleich mit dem Umbau zur prosperierenden Militärresidenz gründete Friedrich Wilhelm I. Gewehr- und Tuchmanufakturen, die ihre billigen Arbeitskräfte auch aus dem Militärwaisenhaus Potsdam erhielten.

Friedrich II. hatte dem sanierten Staatswesen dann mehrere Kriege beschert, die nur sehr knapp einen guten Ausgang nahmen. Das hielt den Herrscher bekanntermaßen allerdings nicht ab, sich mit dem Umbau des Stadtschlosses und dem Neuen Palais mit aufwendigen Repräsentationsbauten in der Stadtgeschichte zu verewigen. Mit dem Bau des Brandenburger Tors in Potsdam unterstrich Friedrich II. seine Ansicht, den siebenjährigen Krieg als erfolgreicher Heerführer beendet zu haben.

Im Jahr 1813 richtete Friedrich Wilhelm III. dann seinen „Aufruf an das Volk“, mit dem er gegen Napoleon mobilisierte. Das folgende Schlachtengetümmel zwischen Frankreich, Preußen und Russland ging als „Befreiungskriege“ in die Geschichte ein. „Wer befreite hier eigentlich wen?“, fragte der Sozialwissenschaftler Rink. „Der König das Volk, dieses sich selbst?“ In Nachfolge des Krieges entstanden vor den Toren Potsdams weitere Kasernen, die Stadt etablierte sich endgültig als Militärstandort.

Auch im 20. Jahrhundert weise die Stadt mit zahlreichen Exerzierplätzen und neuerlich als Militärdienstleistungszentrum eine bemerkenswerte Verknüpfung von Zivilem und Soldatischem auf, konstatierte Rink. Am „Tag von Potsdam“ habe Hitler 1933 den frisch inthronisierten Nationalsozialisten eine breitere Basis im Volk geschaffen. Der Despot habe mit seiner unheilvollen Verneigung vor dem Reichspräsidenten Hindenburg vor der Garnisonkirche ein lange wirkendes Symbolbild geschaffen. Heute nun würden die konvertierten Übungsflächen aus militärischer Vergangenheit, die als Baugrund reüssieren, Potsdam ein neues Gepräge geben. Richard Rabensaat

Richard Rabensaat

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