Aus dem GERICHTSSAAL: Ein streitbarer Zeitgenosse
Ex-Lehrer titulierte Justizmitarbeiter als Verbrecher
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Aus dem GERICHTSSAALEx-Lehrer titulierte Justizmitarbeiter als Verbrecher „Das kann doch wohl nicht wahr sein. Der Landeskasse muss es wirklich sehr schlecht gehen, wenn sie auf mein Geld angewiesen ist“, wettert Mike M. (44, Name geändert). Der arbeitslose Lehrer wurde soeben vom Amtsgericht zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 20 Euro verurteilt. Wütend kündigt er Berufung an. Mike M. ist offensichtlich ein sehr streitbarer Zeitgenosse. Ein bereits rechtskräftiges Urteil wegen Entziehung Minderjähriger will er vor dem Europäischen Gerichtshof anfechten. Sein zwölfjähriger Kampf gegen die „Potsdamer Baumafia“ brachte ihm nach eigener Aussage bisher drei Herzinfarkte und vier Bypässe ein. Und Mitarbeitern der Landesjustizkasse Brandenburg, die ihm eine Mahnung über 22,50 Euro schickten, antwortete er im Mai vorigen Jahres: „Zahlt doch mal den Schaden, den ihr Verbrecher mir zugefügt habt.“ Als Verbrecher tituliert zu werden, ging den Justizbediensteten entschieden zu weit. Sie erstatteten Anzeige gegen den Langhaarigen, der sich gestern wegen dieser Beleidigung vor dem Amtsgericht verantworten musste. Mike M. redet wie ein Wasserfall. Schlau werden aus seinen Tiraden anfangs weder Staatsanwalt noch Richterin. Endlich zeichnet sich folgendes Bild: Der Angeklagte ist mit einer Moldawierin verheiratet, hat allerdings die Scheidung eingereicht. Seit geraumer Zeit würden sich bundesdeutsche und moldawische Gerichtsbarkeit streiten, wer für die amtlich besiegelte Trennung zuständig ist. Dies habe ihm bislang nur Vermögensschäden zugefügt, betont der unter zweifacher Bewährung Stehende. „Verbrecher habe ich nicht wörtlich gemeint. Ich wollte damit nur den Diskutierklub inkompetenter Leute kennzeichnen, die meine Scheidung unnötig in die Länge ziehen. Und dazu stehe ich auch“, so der vierfache Vater. Eindringlich weist er auf eine mitgebrachte dicke Akte, will in medias res gehen. Dem Gericht indes geht es nur um die Verächtlichmachung der Diener Justitias. Und die hat Mike M. soeben eingestanden. „Die besagte Äußerung ist nicht mehr durch das Recht der freien Meinungsäußerung gedeckt“, stellt der Staatsanwalt klar. „Auch wenn ich Ihnen zugute halte, dass Sie verärgert waren.“ Die Richterin ergänzt: „Selbst wenn die Leute falsch entschieden hätten, wären sie deshalb noch lange keine Verbrecher.“ Hoga
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