Landeshauptstadt: Ein Tag und 20 Jahre
Hochzeit am 08.08.08: Standesbeamte geben Schnapszahl-Ehen meist keine große Chance. Trotzdem heirateten gestern 44 Potsdamer
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Schnapszahlen scheinen bei Standesbeamten einen schlechten Ruf zu haben. Warum sonst behaupten sie ständig, dass viele Ehen, die an solchen Tagen geschlossen werden, nur kurz halten? Die Paare heirateten häufig überstürzt nur des Termins wegen, warnte ein Sprecher des Bundesverbandes der Standesbeamten erst vor wenigen Tagen in der Presse.
Und die Potsdamer Standesbeamten erzählten seit Jahren, dass nur ein Paar, das sich am 8.8.88 trauen ließ, noch nicht geschieden ist. Kein gutes Omen für die 22 Potsdamer Paare, die sich gestern – 20 Jahre später – am 08.08.08 das Ja-Wort gegeben haben.
Sie können aufatmen. Offenbar sind die Standesbeamten schlicht einem Irrglauben erlegen. Tatsächlich sind 13 der 20 Hochzeitspaare, die 1988 geheiratet haben, noch immer zusammen. Die Chefin des Potsdamer Standesamts, Ulrike Wildner, hat gestern auf PNN-Anfrage in die alten Akten gesehen und mit dem Schnapszahl-Vorurteil vorerst aufgeräumt. Sieben geschiedene Potsdamer Paare, das sind 35 Prozent. Bei einer bundesweiten Scheidungsrate von 50 Prozent, scheinen die Potsdamer Schnapszahl-Ehen sogar überdurchschnittlich gut zu halten.
Frank und Sabine Feldweg sind vom Achter-Termin jedenfalls überzeugt. Sie sind seit 20 Jahren verheiratet. Und von überstürzter Hochzeit kann bei ihnen auch keine Rede sein: Die beiden Potsdamer waren bereits sechs Jahre zusammen, als sie vor den Traualtar getreten sind. 1982 hatten sie sich im „Dorfkrug“ in Bergholz kennengelernt. Frank Feldweg war damals 20 und Sabine 18. Er hatte sie zum Tanzen aufgefordert und sich noch in der selben Nacht in sie verliebt.
„Den 8.8. haben wir uns als Hochzeitsdatum ausgesucht, weil bei uns alle an Schnapszahlen Geburtstag haben: ich am 11.11., meine Mutter am 3.3. und meine Oma am 9.9.“, erklärt Frank Feldweg am Telefon. Zum 20. Hochzeitstag ist er mit seiner Frau an die Ostsee gefahren.
Geburtstag hatte gestern auch Braut Jenny Schulze. Ihr schönstes Geschenk zum 27. sei ihr Mann Mario gewesen. Sie waren gestern das erste Paar, das im Stadthaus geheiratet hat. Er ist ihre große Liebe. Die beiden sind seit 11 Jahren ein Paar. Sie war 16, als sie sich kennen gelernt haben. Wie und wo wollten die beiden aber nicht verraten.
Anders als bei den Standesbeamten sind Schnapszahlen bei Brautpaaren äußerst beliebt. Jedenfalls arbeiteten die Standesbeamten gestern im Akkord. Schließlich mussten sie doppelt so viele Ehen besiegeln wie an normalen Freitagen, jede Stunde eine. Darum waren auch doppelt so viele Standesbeamte im Einsatz: sechs statt der üblichen drei.
Melanie und Grit Horgas haben sich das Datum mit den drei Achten ausgesucht, weil die Acht die Lieblingszahl von Melanie Horgas ist. Die beiden Frauen haben sich vor dreieinhalb Jahren beim Fußballspielen kennen gelernt. Sie waren gestern das einzige homosexuelle Paar, das sich trauen ließ. Für die Heiratsurkunde hatten sie das neue Familienbuch mitgebracht – in Regenbogenfarben.
Die PNN hat gestern nur ein Brautpaar getroffen, dass sich nicht bewusst für die Hochzeit am Schnapszahldatum entschieden hatte. „Wir wollten eigentlich am 9. August heiraten, aber es war nichts mehr frei“, sagte Stefanie Wolf. Die 31-jährige Juristin sagte am Belvedere auf dem Pfingstberg „Ja“ zu Unternehmensberater Knud Brandes. Seit neun Jahren sind die beiden schon zusammen – seit er ihr während des Studiums bei einer Jura-Hausarbeit geholfen hat.
Für die beiden hat das Datum zumindest den Vorteil, dass es sich leicht merken lässt. Und außerdem, sagt Knud Brandes, sei die Acht eine chinesische Glückszahl.
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