Landeshauptstadt: Ein teuflisches Geschenk
Der Filmpark zeigt ein Modell aus Andreas Dresens Film „Timm Thaler oder das verkaufte Lachen“
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Ein bisschen bedrohlich sieht es schon aus, dieses kastenförmige, futuristisch anmutende Schloss. Wie es da leuchtet inmitten der historisch angehauchten Häusergassen, durch die ganz gemächlich zwei Züge mit altmodischer Lokomotive tuckern. Und dabei ist es nur das Modell, die Miniaturausgabe für ein magisches Element in Andreas Dresens Verfilmung von James Krüss’ fantastischem Roman „Timm Thaler oder das verkaufte Lachen“. Pünktlich zur Weihnachtszeit, am 22. Dezember, startet der Film in den Kinos. Ein zentrales Filmmotiv gibt es allerdings bereits jetzt im Filmpark Babelsberg zu besichtigen. Seit dem gestrigen Donnerstag steht das Modell „Timm Thalers Fantasiewelt“ dort in der Caligari-Halle. Es handelt sich um eine Miniaturausgabe von Timm Thalers Stadt – und ist gleichzeitig eine Hommage an die Filmausstatter, wie Dresen sagte.
„Beim Film wird so viel weggeworfen und das ist schade, weil gerade in die Kulissen so viel Arbeit und Liebe investiert wird“, sagt der Potsdamer Regisseur, der zuletzt Clemens Meyers Roman „Als wir träumten“ verfilmte. Schon länger hätten er und Filmparkchef Friedhelm Schatz überlegt, eine Kulisse aus einem Dresen-Film in Babelsberg auszustellen, allerdings seien die bisherigen Sets zu alltäglich gewesen. „So eine Neubauwohnung wäre jetzt nicht sehr spektakulär“, sagte Dresen. Bei Timm Thalers Fantasiewelt ist das anders: Beeindruckend ist es allein schon mit seiner Größe von etwa fünf mal fünf Metern.
„Der Baron schenkt Timm diese Modellwelt, um ihm zu zeigen, wie er die Welt lenken kann“, erklärt Dresen. An den Baron Lefuet, so will es die Geschichte in Krüss’ Buch, verkauft der Waisenjunge Timm sein Lachen – und erhält im Gegenzug die Gabe, nie wieder eine Wette zu verlieren. Es ist ein schlechter Deal, wie er bald erfahren muss – denn er kann keine Freude mehr empfinden.
Das Stadt-Modell ist im Film magisch angehaucht: Die Fenster leuchten, die Lokomotiven stoßen richtigen Rauch aus. Etwa sechs Wochen haben sechs Modellbauerinnen das von Szenenbildner Uli Hanisch entworfene Modell aufgebaut, wie der Produktionsleiter Peter Hartwig erzählte. Dabei ist die Welt so detailgetreu mit Straßenzügen und Bäumen aufgebaut, dass auch Kameraüberblendungen von dem Modell in die richtige Szene des Films möglich waren.
Im Film gibt es auch eine Hommage an die beliebte Fernseh-Verfilmung von 1979: Thomas Ohrner, der damals den Timm Thaler spielte, hat einen Gastauftritt als Concierge. Die Dreharbeiten mit dem starbesetzten Cast – neben Jungdarsteller Arved Friese spielen unter anderem Justus von Dohnányi, Bjarne Mädel, Axel Prahl, Fritzi Haberland und Nadja Uhl – sind bereits abgeschlossen. Derzeit läuft die Postproduktion – unter anderem im Synchronstudio in Babelsberg.
Und überhaupt: Dresen wäre nicht Dresen, wenn er nicht die künstlerische Bandbreite von Potsdam nutzen würde. So stammt die Musik vom Potsdamer Komponisten Johannes Repka, der Filmmusik an der Babelsberger Filmuniversität „Konrad Wolf“ studierte, eingespielt wird sie vom Filmorchester Babelsberg. Gedreht wurde allerdings an verschiedenen Standorten in Halle/Saale und Berlin. Die Szenen für das Schloss des Barons wurden zum Beispiel in der Nähe des Olympiageländes gedreht.
In die fantastische Welt Timm Thalers einzutauchen, ist für Dresen die Erfüllung eines Kindheitstraums, wie er erzählte. Denn Krüss’ Geschichte ist eines seiner Lieblingsbücher. „Ich habe das als Zehnjähriger unter der Bettdecke heimlich mit der Taschenlampe gelesen“, sagt der Regisseur. Schon damals dachte er, die Geschichte würde sich gut verfilmen lassen. „Allerdings habe ich mir nie träumen lassen, dass ich es mal selbst mache.“ Gerade in Hinblick auf die Schwierigkeiten in der Welt sei es schön, kein schweres Sozialdrama, sondern eine Geschichte für Kinder zu drehen – die trotz allem auch eine wichtige Botschaft vermittle. Nämlich, sich an den richtigen Werten zu orientieren und sich nicht dem Geld zu verschreiben. „Das ist natürlich eine simple, profane Moral, aber eben auch eine wichtige“, sagt Dresen. Letztendlich spiele in dem Film auch Freundschaft eine wichtige Rolle, schließlich schaffe es Timm nur mithilfe wirklich guter Freunde aus seinem Dilemma.
Zeitlich lässt der Potsdamer Regisseur den Film unbestimmt. Die Ausstattung sei zwar an die im Buch vorgegebenen 20er-Jahre angelehnt, es handele sich aber eher um eine Art Märchenwelt. Und so ist auch „Timm Thalers Fantasiewelt“ eine Mischung aus realen Gebäuden wie dem Grand Hotel, aber auch Fantasieelementen wie dem Baronschloss.
Ob der Baron selbst wirklich so böse ist, lässt Dresen noch offen. „Es ist zwar eine klassische Geschichte über den Kampf zwischen Gut und Böse“, sagt er. „Aber der Baron ist gar nicht so teuflisch, letztendlich ist er auch nur eine arme Sau, die geliebt werden will.“
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