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Aus dem GERICHTSSAAL: Ein teures „Versehen“

500 Euro Geldbuße für diebische Seniorin

Stand:

Räuberischer Diebstahl gilt als Verbrechen und wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr geahndet. Solch eine räuberische Diebin soll Erika E.* sein, 70 Jahre alt, klein, gehbehindert, sorgfältig frisiert und dezent gekleidet. Aufgeregt, mit hektischen roten Flecken auf den Wangen, sitzt sie vor dem Schöffengericht.

Mehrfach verhaspelt sich die Seniorin beim Verlesen einer Erklärung, in der sie ihre Version des Geschehens darstellt. Irgendwann ist auch der Staatsanwalt überzeugt: Erika E. wollte ihre Beute nicht mit Gewalt verteidigen, hätte auch gar nicht mit ihr fliehen können. Darum sei sie lediglich wegen einfachen Diebstahls und Körperverletzung zu sanktionieren. Das Gericht unter Vorsitz von Constanze Rammoser-Bode schließt sich dieser Überlegung an, stellt das Verfahren gegen Zahlung einer Geldbuße von 500 Euro ein. Erika E. ist erleichtert und erklärt, sie könne die Summe binnen eines Monats aufbringen.

Als die Rentnerin am 2. Juli vorigen Jahres ein Textilgeschäft des Bornstedt-Carrees betrat, hatte sie allerdings nur einen Euro in ihrer Geldbörse. Dafür erwarb sie eine Batterie. Danach – so die Anklage – steckte sie ein gelbes Nachthemd und ein blaues Herren-Shirt im Gesamtwert von 14 Euro in ihre Tasche, ohne zu bezahlen. Von der Verkäuferin auf den vermeintlichen Diebstahl angesprochen, soll sie die Frau geschlagen und nach ihr getreten haben.

Im Zeugenstand schrumpft der rabiate Angriff dann auf einen Rempler der Rentnerin, durch den die Verkäuferin auf dem Boden landete, sich die Hand stieß. „Ich hatte diese Kundin im Verdacht, schon einmal zwei Blusen gestohlen zu haben. Deswegen habe ich sie an dem bewussten Tag genau beobachtet“, erzählt die Verkäuferin Lin L.* (46) im Zeugenstand. Anfangs sei Erika E. zu einem Kleiderständer gegangen, den sie von der Kasse nicht einsehen konnte. Als sie ihr folgte, habe die Rentnerin auf dem Boden gehockt, den Laden dann verlassen. „Durch die Tür sah ich, wie sie sich an einem Ständer im Außenbereich zu schaffen machte“, so Lin L. Später sei ihr ein leerer Bügel aufgefallen. „Ich bin raus, habe die Dame ins Geschäft gebeten und sie aufgefordert, ihre Tasche zu öffnen. Statt dessen schubste sie mich.“ Kunden seien ihr zu Hilfe gekommen, hätten ihr geraten, die Tür zu verschließen, damit die vermeintliche Diebin nicht abhauen könne. Eine Frau habe die Polizei gerufen.

„Ich habe die Sachen aus Versehen in meine Tasche gelegt. Dann wollte ich sie mit der EC-Karte bezahlen, aber die Verkäuferin hat mich gleich sehr massiv am Arm festgehalten“, schilderte Erika E. „Ich habe mich nur gewehrt und möchte mich ’zigmal entschuldigen, dass so etwas vorgekommen ist.“ (*Namen geändert.) Hoga

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