
© Andreas Klaer
Bier aus Babelsberg: Ein tiefer Blick ins Glas
Der Bierkonsum in Deutschland geht zurück. Aber dafür greifen immer mehr Biertrinker zur exklusiveren Variante: Craft Beer aus kleinen lokalen Brauereien. Davon profitiert auch Bier-Deluxe aus Babelsberg.
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Potsdam - Vollmundig, fruchtig, lecker – so schmeckt das Bier vom Babelsberger Biervertrieb Bier-Deluxe, wenn man den Geschmacksnerven der Tester glaubt. Am Freitag hatten Besucher im Rahmen des vierten Potsdamer Gründertreffens „Garagen-Pitch“ die Möglichkeit, ausgewählte Craftbiere zu testen. Vier Unternehmer nutzten das Treffen, ihre Ideen im Rahmen der Veranstaltung im Restaurant Garage du Pont an der Glienicker Brücke Investoren zu präsentieren – doch die Potsdamer stahlen den anderen die Show.
Neben drei Berliner Unternehmen stellte auch die Potsdamer Firma ihr Geschäftsmodell vor. Seit September 2013 etablierte das Acht-Mann-Unternehmen den größten Onlineshop für den Vertrieb von Craft Beer in Europa und und bietet 1300 Mikrobrauern in Deutschland eine Verkaufsplattform. Dennoch suchen sie weiter nach Investoren.
Teurer als handelsübliche Biere
Aber was ist das eigentlich und was unterscheidet Craft Beer vom „normalen“ Bier? „Es zeichnet sich durch einen besonders hohen Hopfenanteil aus“, beschreibt Christoph Klischan, Marketingberater von Bier-Deluxe. Die besonderen Biere werden in sogenannten Mikrobrauereien in kleinen Mengen hergestellt. Eine Flasche ist deshalb auch teurer als handelsübliche Massenware: vier bis fünf Euro muss man für den individuellen Geschmack bezahlen. 300 Sorten hat Bier-Deluxe derzeit im Angebot, 400.000 Flaschen haben sie bereits verkauft, erklärt Geschäftsführer Markus Zürn. „Der Trend geht hin zum Individuellen. Das ist auch beim Bier so“ beschreibt er den Erfolg. Man definiere sich durch das Bier, das man in der Hand hält, lokale Marken sind in, Einheitsgeschmack out. Das Unternehmen will Bier als Lifestyle-Produkt etablieren, es als Genussprodukt darstellen – wie Wein. Bei der Vermarktung geht es um das emotionale Erlebnis: Im Bier-Deluxe-Onlineshop etwa werben hippe junge Gesichter für die Biersorten, ein entsprechendes Vermarktungsvideo hat schon hunderttausend Klicks.
Thomas Krause von der Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) ist von der Idee begeistert. Die ILB habe bereits im vorigen Jahr in das Unternehmen investiert. Beim Garagen-Pitch, bei dem ausgewählte Gründer nicht nur neue Ideen vorstellen können, sondern auch Investoren über die Geschäftsentwicklung informieren, warb Zürn bei den anwesenden potenziellen Geldgebern eine weitere halbe Million an. Die Gelder seien für den Ausbau des Onlineshops nötig. Fertig sein soll er pünktlich zur Weihnachtszeit – dann nämlich sei der Umsatz am höchsten. Mit mehr Geld sei künftig auch ein Ladengeschäft oder eine Bar in Berlin oder Potsdam denkbar.
Konkurrenz um Biergaumen
Während der allgemeine Bierkonsum in den letzten Jahren in Deutschland zurückging, nimmt der Griff zur guten Flasche seit 2012 zu. „Die meisten Kunden sind erstaunlicherweise aus Bayern – Craft Beer und Tradition, das widerspricht sich nicht“, so Kolschan. Die Konkurrenz buhlt um die deutschen Biergaumen: Große Marken wie Radeberger oder Beck’s warten mit neuen internationalen Biersorten wie Pale Ale in kleineren Auflagen in den Supermarktregalen auf.
Die 25 anwesenden Gäste probieren fleißig – wer am Ende die Geldgeber werden, machen die Betreffenden im Nachgang unter sich aus. Bernd Goergen vom High-Tech Gründerfonds (HTGF) zeigt sich zurückhaltend. Man unterstütze eher technikbasierte Vorhaben wie die Unternehmen Fiagon, UNYTE und Realbest, die am Freitag ebenfalls ihre Ideen vorstellten. Doch auch wenn die Ausbeute gering ist, die Möglichkeit, sich vor einem investitionsstarken Publikum zu präsentieren wird von den jungen Firmengründern gerne genutzt, schon allein um das Netzwerk auszubauen.
Viele der Anwesenden sind selbst ehemalige Gründer und stehen - wenn nicht mit Geld - dann beratend zur Verfügung. „Die Veranstaltung bietet eine hervorragende Möglichkeit, sich im kleinen Kreis auszutauschen“, sagt Klaus Siegers, Vorstandsvorsitzender der Weberbank. Bei einem Glas Craft Beer stehen die Chancen sicher gut ins Gespräch zu kommen.
Rita Orschiedt
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