Landeshauptstadt: Ein Triumph für den Aufbau Ost
Fußball-Meisterinnen des 1. FFC Turbine Potsdam geehrt: Feierstunde in der Staatskanzlei und Eintrag ins Goldene Buch der Stadt
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Fußball-Meisterinnen des 1. FFC Turbine Potsdam geehrt: Feierstunde in der Staatskanzlei und Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Der Trainer kämpft. Mit den Tränen. Noch sind sie nicht geflossen, in diesen zwei Wochen des Triumphs. Erst jetzt, als er dort am Rednerpult steht, im bis auf den letzten Platz gefüllten Brandenburg-Saal der Staatskanzlei, übermannen Bernd Schröder sichtbar die Gefühle. „So emotional hat ihn noch keiner gesehen“, sagt später Ariane Hingst, auf dem Fußballplatz Chefin jener jungen Potsdamer Kickerinnen, die dieser Tage deutschlandweit für Furore gesorgt haben – mit dem Gewinn des DFB-Pokals und des Meistertitels im deutschen Frauenfußball. Ihr Erfolg soll gewürdigt werden, an diesem Dienstagvormittag, doch es wird auch ein Lebenswerk gekrönt: das des Trainers Bernd Schröder. Mit einem Zitat aus dem Alten Testament beginnt der seine bewegende Ansprache – „Ein jegliches braucht seine Zeit“. Mehr als dreißig Jahre als Trainer bei Turbine Potsdam hat er selbst gebraucht: „Aber heute haben wir unser Ziel erreicht.“ Der Erfolg, er trägt Schröders Handschrift, die einer „harten, guten Schule“, wie Ministerpräsident Matthias Platzeck sagt. Und er sei möglich geworden durch ein „breites, solides, lange gebautes Fundament“. Ein Mann und sein Fußballclub als Symbol für den Aufbau Ost. „Hier waren nie die großen Millionen, hier ging es nie um Zehntausende Euro – hier ging es um Sport“, sagt Platzeck. Dass Turbine Potsdam es trotzdem geschafft hat, aus eigener Kraft, das ist er, der Sieg für den Osten. „Damit seid ihr ein großes Vorbild, ein riesengroßes“, sagt Günter Baaske, Turbine-Präsident und Sozialminister, den Spielerinnen. „Viele Menschen im Land, die schon alles hingeschmissen haben, rappeln sich wieder auf, das spüre ich.“ Auch Bernd Schröder sieht es so. „Wir haben für viele in Deutschland gespielt, aber vor allem für den Osten.“ Vor dem Endspiel am Sonntag in Frankfurt (Main), da habe er das seinen Spielerinnen noch einmal gesagt: „Ich habe in ihren Gesichtern gesehen, dass sie wissen, worum es geht.“ Doch Schröder wäre nicht Schröder, wenn es ihm nicht auch um „die Sache des Frauenfußballs“ gehen würde: Als Titelträger vertritt Turbine Potsdam die Deutschen in der kommenden Saison im Europapokal. Eine große Aufgabe. „Wir brauchen Verstärkungen“, sagt Schröder. Und deshalb mehr Geld. „Wir werden bescheiden sein in unseren Forderungen, aber unseren Wert ordentlich darstellen“, verspricht er den Sponsoren. Und allen anderen: „Wir werden alles versuchen, den Kredit, den wir erhalten haben, zurückzugeben. Wir werden das Letzte geben, was wir haben – und wir haben noch viel.“ Holt Turbine also 2005 den Europapokal? Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs wünscht es sich. „Das ist machbar“, sagt er – und will parallel das sportliche Erfolgsmodell des Ostens, die gezielte Nachwuchsförderung in den einst in der DDR etablierten Sportschulen, in den Westen exportieren. „Diese bildungs- und sportpolitische Offensive aus dem Osten sollten wir öffentlich propagieren, Herr Ministerpräsident“, fordert Jakobs. Dies wird Bernd Schröder auch recht sein. Doch er hat noch anderes vor. „Wir wollen für den Frauenfußball eine eigene Philosophie entwickeln – und die heißt: Anders sein als die Männer.“ Dazu gehörten drei Dinge: „Keine Spucke- und Rotzerei auf dem Platz, keine sinnlose Rudelbildung, kein theatralisches Ins-Koma-Fallen nach jedem Zweikampf.“ Fehlt noch die (Ver)Zauberformel: „Unsere Mädels spielen ehrlichen Fußball.“
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