zum Hauptinhalt

Links und rechts der Langen Brücke: Ein Ziel, mehrere Wege

Jan Brunzlow über die Situation am Griebnitzsee sowie gekränkte Eitelkeiten, die das Verfahren wie ein Krampf verhärten und gelöst werden müssen

Stand:

Eins muss man ihm lassen: Er bleibt geradlinig. Oberbürgermeister Jann Jakobs rudert in Sachen Uferweg am Griebnitzsee nicht wild umher, sondern verfolgt konsequent den Weg zurück zu einem öffentlichen Weg. Und der heißt Enteignung. Diese Meinung muss nicht jeder teilen, aber Jakobs’ Agieren beweist in diesem Fall Führungsstärke. Das Ziel für Potsdam heißt: ein öffentlicher Uferweg am Griebnitzsee. Aber wer dieser Meinung ist und eine Enteignung der Eigentümer anstrebt, muss sich weitere Fragen gefallen lassen. So auch die Linke, die seit Jahren gegen die Investitionen in der Innenstadt Sturm läuft und erklärt, die Millionen seien an anderer Stelle besser angelegt. Etwa am Griebnitzsee? Die Enteignung wird es mit Sicherheit nicht für den symbolischen Euro geben. Sie wird Millionen verschlingen und Jahre dauern – für ein 1000 Meter langes Teilstück des Weges am Griebnitzsee. Das ist mit Sicherheit erstrebenswert, aber die nächste Frage drängt sich dabei auf: Potsdam ist eine Stadt am Wasser – Havel, Sacrow- Paretzer-Kanal und verschiedene Seen sind Oasen in der Stadt. Doch nicht alle haben einen Uferweg oder eine frei zugängliche Uferzone. Wenn am Griebnitzsee enteignet wird, warum dann also nicht auch an anderen Orten Potsdams, an denen der Uferweg auch unterbrochen ist oder es gar keinen gibt? Ein Beispiel in der Berliner Vorstadt: Ein Weg von der Glienicker Brücke bis zur Schiffbauergasse wäre bestimmt erstrebenswert – dafür müsste allerdings enteignet werden. Und die Frage sei zumindest rhetorisch gestellt: Was ist mit dem Heiligen See? Ein anderer Standort: In Potsdam-West hat ein Segelverein jahrelang den Uferweg blockiert, bis die Stadt einen Steg mit öffentlichen Fördermitteln realisieren konnte. Auch auf Hermannswerder endet der Rundweg vor den Zäunen der Eigentümer, in der Innenstadt und der Neustädter Havelbucht blockieren Vereinsgelände den Weg entlang des Ufers. Uferwege in Potsdam sind ein schwieriges Thema, Enteignungen nur die eine Art, es zu lösen. Aber welche Alternativen hat die Stadt? Sie könnte den Kleinkrieg am Ufer sportlich sehen. Jahrelang haben die Eigentümer sie ausgespielt und letztendlich gepunktet. Jetzt also einfach als Verlierer vom Platz, in diesem Fall aus den Gärten, ziehen? Das werden weder der Oberbürgermeister noch die Anlieger tun, allein weil es ein Spiel der gekränkten Eitelkeiten geworden ist. Der Oberbürgermeister bleibt hart, weil er sich von den Eigentümern veralbert fühlt. Und die Anlieger, weil sie sich vom Oberbürgermeister veralbert fühlen. Beide haben Recht. Doch das hilft keinen weiter. Der nun gebundene Blumenstrauß an Maßnahmen mit Bürgerbefragung, Bürgerbegehren und Unterschriftenliste wird alles bringen, außer einer Lösung. Einzig ein unabhängig geführtes Mediationsverfahren könnte noch eine neue Verhandlungsbasis schaffen. Und vielleicht würde das den Weg schneller öffnen als das langwierige Enteignungsverfahren über Innenministerium und Gerichte.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })