
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: Ein Zirkus für Mbigili
Die Potsdamer Abiturientin Hedwig Zumpe geht im Sommer für ein Jahr als freiwillige Helferin in ein Kinderdorf nach Tansania
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„Hedwig, schau mal!“ Gina strahlt über das ganze Gesicht. Konzentriert steigt das Mädchen auf das Einrad, breitet die Arme aus und tritt in die Pedalen. Aufrecht sitzt es im Sattel, hält die Balance, fährt eine Kurve und steigt lachend ab. „Sehr gut!“, freut sich auch Hedwig Zumpe. Gina, Karoline, Emma oder Hannah – so heißen die Mädchen, denen Hedwig Zumpe im Kinder- und Jugendzirkus Montelino als Trainerin das Einradfahren beibringt. In einigen Monaten werden es andere Kinder sein, die bei Hedwig Zumpe das Zirkushandwerk lernen. Vielleicht lauten ihre Namen dann Mandira, Kefisa oder Najaat. Denn die 19-jährige Schülerin, die gerade mitten in ihren Abitur-Vorbereitungen steckt, wird im Sommer nach Tansania fliegen. Und dort ein ganzes Jahr in einem Kinderdorf verbringen.
Wie viele Abiturienten nutzt auch Hedwig Zumpe die Zeit zwischen Schulabschluss und Beginn des Studiums oder der Ausbildung für eine Auszeit. „Für mich stand schon lange fest, dass ich nach dem Abitur erst einmal weg möchte“, erzählt Hedwig Zumpe. Den Gedanken daran, nach dem Lern- und Prüfungsmarathon ein paar Monate durch die Weltgeschichte zu reisen, hat die Schülerin der Peter-Joseph-Lenné-Gesamtschule jedoch schnell wieder verworfen. „Ich wollte länger an einem Ort bleiben, um tiefere Einblicke in eine neue Kultur zu bekommen, eine Sprache zu lernen und eine Aufgabe zu haben“, erzählt sie. Ein Freiwilligendienst im Ausland schien dafür passend. Gezielt suchte sie nach Projekten mit Kindern. Denn als Jugendübungsleiterin im Zirkus arbeitet sie bereits seit fünf Jahren mit Jungen und Mädchen – und hat Freude daran.
Die junge Frau entschied sich schließlich für ein soziales Projekt in Ostafrika. Das Kinderdorf Mbigili liegt im südwestlichen Hochland Tansanias. Seit dem Jahr 2008 leben hier Waisen, deren Eltern zumeist an der Immunschwächekrankheit Aids gestorben sind. Die kleinsten von ihnen sind gerade mal ein Jahr alt. Neben drei weiteren Freiwilligen, den Hausmüttern, Farmarbeitern, Köchen und Erziehern des Dorfes wird auch Hedwig Zumpe zukünftig für die 65 Waisenkinder da sein.
Jeden Morgen wird sie sich auf den Weg ins 30 Gehminuten entfernte Dorf machen, wo die Schule steht. Am Vormittag gestaltet sie hier den Englischunterricht mit und unterstützt die Lehrer. An den Nachmittagen wird sie im Kinderdorf mit den Kindern spielen, kochen, singen und die kleine Farm bewirtschaften, auf der Gemüse und Früchte für die Selbstversorgung und den Verkauf angebaut werden. Ein Projekt, das sie in Mbigili verwirklichen möchte, liegt ihr ganz besonders am Herzen: „Ich möchte eine Zirkus-AG aufbauen. Denn ich sehe, wie viel Spaß die Kinder hier am Trainieren haben und wie wichtig kleine Erfolgserlebnisse sind.“
Die Reise nach Tansania und der Aufenthalt im Kinderdorf werden Hedwig Zumpe durch den entwicklungspolitischen Freiwilligendienst des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ermöglicht. Unter dem Namen „weltwärts“ hat das Programm seit dem Jahr 2008 bereits mehr als 16 000 Freiwillige zwischen 18 und 28 Jahren in den unterschiedlichsten Projekten unterstützt. Die Freiwilligen bewerben sich bei einer Partnerorganisation von „weltwärts“ um ein konkretes Projekt in einem Entwicklungs- oder Schwellenland. Zu den Grundsätzen des Programms gehört es, dass sich die Freiwilligen einen eigenen Spenderkreis aufbauen und darüber 1 800 Euro selbst finanzieren. „Der Sinn daran ist, sich mit seinem Vorhaben intensiv auseinanderzusetzen, mit anderen Menschen darüber zu reden und die Idee so zu verbreiten“, erklärt Hedwig Zumpe. Für ihren Spenderkreis sucht die Schülerin noch Sponsoren.
In Tansania werden ihr Armut und Elend begegnen – dessen ist sich Hedwig Zumpe bewusst. Angst davor hat sie jedoch nicht. In einem achttägigen Vorbereitungsseminar wird sie einige Wochen vor der Abreise von ihrer Entsendeorganisation – dem Service Civil International (SCI) – auch auf mögliche Probleme vorbereitet. Hilfreich ist sicherlich auch der Seminarkurs Psychologie, den die Schülerin an ihrer Schule belegt. Kopfzerbrechen bereitet ihr eher die Sprachbarriere. Neben dem Abiturstoff lernt Hedwig Zumpe deshalb auch noch Kisuaheli – die Landessprache Tansanias. Etwas mulmig wird ihr auch bei dem Gedanken daran, ein Jahr lang getrennt von Freunden und Familie zu sein. „Einige meiner Freunde halten mich für verrückt, andere finden das ganz toll“, sagt Hedwig Zumpe. Auch ihre Eltern unterstützten sie sehr. Doch dass sie ihren 20. Geburtstag in Tansania feiern werde – das bedauere besonders ihre Oma. Heike Kampe
Hedwig Zumpe wird in ihrem Blog www.weltwaerts-nach-tansania.blogspot.de regelmäßig über ihre Erfahrungen berichten. Interessierte Spender können sie unter der E-Mail-Adresse hedwig.zumpe@web.de erreichen.
Heike Kampe
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