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Landeshauptstadt: Eine äußerst anrüchige Bauchmassage

AUS DEM GERICHTSSAAL Von Gabriele Hohenstein „Ich weiß, was ich gesehen habe“, stellt Gesine B.* (42) im Zeugenstand klar.

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AUS DEM GERICHTSSAAL Von Gabriele Hohenstein „Ich weiß, was ich gesehen habe“, stellt Gesine B.* (42) im Zeugenstand klar. Als Hebamme und verheiratete Frau, zudem Mutter dreier Kinder, könne sie ein männliches Glied durchaus identifizieren. Und ein solches sei ihr am Abend des 3. Dezember voriges Jahres direkt vor ihrem Zimmerfenster präsentiert worden. „Ich saß in meinem Arbeitszimmer und telefonierte, als ein weißer Kleinbus vor unserem Haus hielt. Der Fahrer sei zuerst im gegenüber liegenden Wäldchen verschwunden, offenbar um seine Notdurft zu verrichten, habe dann Brotbüchse und Thermoskanne ausgepackt. Danach habe er das Licht in seiner Fahrerkabine eingeschaltet und mit heruntergelassener Hose onaniert“, so die Zeugin. Da sich ihre Sprösslinge im Obergeschoss aufhielten und sie ihnen dieses Schauspiel ersparen wollte, habe sie die Polizei gerufen. Die kam auch und stellte den vermeintlichen Exhibitionisten zur Rede. Der soll gegenüber den Ordnungshütern klipp und klar zugegeben haben, er habe sich in der Wohngegend sexuell befriedigt. Alles erstunken und erlogen, wettert Jan J.* (37) auf der Anklagebank. Nach einem äußerst stressigen Arbeitstag, an welchem er weder zum Essen noch zum Trinken kam, habe er nach einer „Pinkelpause“ Brötchen und Apfelschorle konsumiert. Da letztere sehr kalt gewesen sei, habe er furchtbare Magenkrämpfe bekommen. „Ich wollte meinen Bauch massieren, habe dazu den Gürtel meiner Hose gelockert und den Reißverschluss heruntergezogen“, betont der Diplom-Agraringenieur, der gerade dabei ist, eine Straußenfarm aufzubauen. „Die Dame, die mich angezeigt hat, könnte ihrem Aussehen nach eine radikalfundamentalistische Extremistin sein“, vermutet der Angeklagte. Während er ein Philanthrop sei, der die Kontakte zu Freunden und Geschäftspartnern pflege, sei die Masse der Menschen aggressiv und problembeladen. „Wahrscheinlich kommt diese Frau mit sich selber nicht klar“, glaubt er. Deshalb hänge sie ihm nun diese Anzeige an den Hals. „Wir erhielten einen Funkspruch über exhibitionistische Handlungen“, berichtet Gerhard Sch. (51). An der angegebenen Adresse hätten sich die belästigte Frau sowie der Angeklagte aufgehalten. Jan J. habe sofort eingeräumt, am Lenkrad onaniert zu haben. „Ich sagte ihm noch, er hätte das doch in dem Wäldchen tun können.“ Der Angeklagte zieht hörbar die Luft ein. „Jetzt bin ich erst mal sprachlos“, meint er. Die Zeugen werden vereidigt, habe davor Gelegenheit, ihre Aussage zu revidieren. Sie bleiben dabei. Jan J. wird zu einer Geldstrafe von 300 Euro verurteilt. (*Namen von der Redaktion geändert.)

Gabriele Hohenstein

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