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Homepage: Eine ehrliche Nische

Studentenkneipen: In den Elfleinhöfen hat kürzlich die KUZE-Kneipe eröffnet

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Einen Namen hat die Kneipe des studentischen Kulturzentrums offenbar immer noch nicht. Trotz Wettbewerb und Abstimmung bei der Eröffnung Ende November. „Irgendwas mit -bar am Ende ist im Gespräch“, meint Martin, der am Montag Abend hinter dem Tresen steht und der kein Student ist. Er macht beim Offenen Kunstverein mit, der sich die Arbeit in der Kneipe mit den Studierenden teilt.

Die ungelöste Namensfindung könnte zwei Gründe haben. Entweder liegt es an der Basisdemokratie, die in den Elfleinhöfen praktiziert wird. Die ist halt ein wenig langsam. Oder, dieser Eindruck ist sehr stark an diesem Montag, das Netz aus Kulturschaffenden, Engagierten und einfach „allen“, die mitmachen sollen bei der studentischen Kultur in der Innenstadt, hängt schon zu Anfang ziemlich schlaff in den Seilen. Man fragt sich, wie sie das hin bekommen haben und ob eine Absicht dahinter stecken könnte: So zu tun, als ob die Studenten schon ewig in der Innenstadt ihre Kultur auslebten, kann ja durchaus hochschulpolitisch gewollt sein.

Im vorderen Teil des Hauses, so hat der AStA verhandelt, soll ein Restaurant einziehen, das preiswerte Gerichte anbietet. Unter fünf Euro. Zettel in den dunklen Fenstern kündigen für Januar die Eröffnung des „Café Mokka“ an. Wenn da mal keine ungewollte Konkurrenz entsteht. In der KUZE-Kneipe gibt es deshalb nämlich – außer Salzstangen – nichts zu essen.

Der Student tritt ein durch eine Zwergentür. Sie ist sehr niedrig, sie hakelt und klemmt. Jemand hat sich, noch am Eröffnungswochenende, wohl etwas ungeschickt benommen. Das Glas ist zersplittert. Das erste, was dann ins Auge fällt, ist eine Nische mit Stillleben. Titel „Abwasch, Putzfeudel, Besen und Fahrrad“. Überhaupt besticht das Innere des KUZES durch seine Nischigkeit. Platz ist genug da, nur gemütlich ist es nirgends. Treppen, Vorsprünge, Klappen, Türen und geziegelte Bögen. Ganz oben ist der Gesellschaftsraum, kahl und schlicht wie früher einmal die Mensen waren. Wo sind die schummrigen Ecken, in denen die Teemuttis sitzen können, die so gerne Winters den Kandis im Roibusch knacken lassen – den braunen, bitte schön. An jedem Fenster eine rührende Selbstbeschränkung, beinahe wie ein Rap: „Liebe Leute - Bitte laszt (!) die Fenster zu ... sonst Bullen & Party aus!“

Soll man über das „Ambiente“ reden? Im Vergleich zum KUZE erscheint das Pub á la Pub, die Studentenkneipe in der Breiten Straße, regelrecht schick und durchgestylt. Im KUZE herrscht hingegen basisdemokratische Einrichtung. Der kleinste gemeinsame Nenner heißt wohl Möbelspende, wenn es das Pendant zur Kleiderspende geben würde. Stühle sind da, mal Rattan-Look, mal in Wienerwald-Optik. Allzu bunt ist die Welt im KUZE nicht. Ganz so einfach war es bestimmt nicht, einem nigelnagelneuen Gebäude diesen Trash-Look zu verpassen. Das Fröhlichste sind noch Lampions, Beleuchtungsersatz und bestimmt eine Reminiszenz an die Kindheit. Verspielt, ulkig und billig. Farbliche Aufhellung auch durch die Aushänge. Eine „Soli-Party“ soll stattfinden. Solidarität soll helfen, ein Gerüst anzuschaffen. Studenten haben heutzutage sicher Sorgen. Aber wofür brauchen sie ein Baugerüst?

Zwischen den Toiletten wird nach Berlin eingeladen. Es geht gegen „staatliche Repression“ und was man dagegen machen kann. Man lernt bei der Öko-Kleider-Initiative „NoGap“, dass „die Schlagwörter modisch und ökologisch durchaus zu vereinbaren sind.“ NoGap sollte dem KUZE style-technisch mal unter die Arme greifen.

Kalt ist es in der KUZE-Kneipe, Wärme soll anscheinend hauptsächlich durch soziale Reibung entstehen. Ein Bassist, nach eigener Einschätzung „einfühlsam“, sucht eine neue Band. „Kein Nu-Metal Scheiß“, bittet er ohne Umschweife. In der KUZE-Kneipe ist es ehrlich. Auch preislich. Und Bio wird natürlich groß geschrieben, der Saft für einen Euro. Solidarität kommt wieder zum Ausdruck bei der Ausgabe von Unterschichtenbier. Das ehrliche „Sterni“ wird getrunken, der Aldi unter den Bieren. Und mittwochs ist Nichtrauchertag. Auf dem Tresen Gläser, in die man spenden kann. Wirft man sein Geld in das, auf dem „Scheiß auf Springer“ geschrieben steht, unterstützt man das Freie Radio. Die Opferbereitschaft ist gar nicht gering. Das Glas für die Siebdruckwerkstatt ist fast voll. Sogar mit Scheinen.

Der AStA verteilt neuerdings umsonst hübsche Studentenkalender. Im aktuellen wird die Hoffnung formuliert, dass in den neuen Räumen im KUZE sich Studierende „entfalten“ und „neue Ideen entwickeln“ können. Dann mal los.

Matthias Hassenpflug

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