Aus dem GERICHTSSAAL: Eine Flasche Whisky auf ex?
Gutachten widerlegt die Version des Nachtrunks
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Schockiert, aber auch aus Freude, seinem brennenden Auto mit heiler Haut entkommen zu sein, will Ugur U. (57, Name geändert) fast eine ganze Flasche Whisky auf ex geleert haben. Die Staatsanwaltschaft geht allerdings davon aus, dass sich der Frührentner in der Neujahrsnacht bereits betrunken ans Steuer seines Autos setzte, in einer Kurve alkoholbedingt von der Fahrbahn abkam und gegen 3.30 Uhr kopfüber eine Böschung hinabstürzte.
Ugur U. wohnt in Berlin. Wo er am 1. Januar hinwollte, vermochte er den zum Unfallort gerufenen Polizisten nicht zu erklären. Die griffen den Türken gegen vier Uhr kurz vor Potsdam auf dem Standstreifen der Autobahn auf – zu Fuß. Vorher hatten sie das bereits in voller Ausdehnung brennende Gefährt des Mannes entdeckt. Ein Beamter schlug mit seiner Taschenlampe die Seitenscheibe ein, um zu sehen, ob sich noch jemand im Inneren befindet. Das war nicht der Fall. „Durch die plötzliche Sauerstoffzufuhr hat sich der Brand dann so richtig entwickelt“, berichtet der Polizist im Zeugenstand.
Ugur U. sitzt wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs sowie Unfallflucht auf der Anklagebank. Er bestreitet, die Whiskyflasche bereits vor Fahrtantritt geöffnet zu haben. Nachdem sein Wagen in eine Baustellenbegrenzung krachte, danach die Böschung hinunterrutschte und zu qualmen begann, habe er mit letzter Kraft die Tür geöffnet. Dann habe er die Beine in die Hand und einen tüchtigen Schluck aus der Pulle genommen. Zum Schluss seien nur noch etwa zwei Fingerbreit drin gewesen, behauptet der große hagere Mann. Die zur Verhandlung geladenen Polizeibeamten versichern, die Flasche, die er in einer Tüte mit sich führte, sei noch dreiviertel voll gewesen. Ugur U. sei ihnen weder durch torkeln noch durch lallen aufgefallen. Als sie den Angeklagten aus der Gefahrenzone bargen, hätten sie lediglich leichten Alkoholgeruch festgestellt, daraufhin eine Blutprobe angeordnet. Die ergab rund zwei Stunden nach dem Crash immerhin noch 1,71 Promille.
„Hätte der Angeklagte nach dem Unfall tatsächlich so viel getrunken, wie er angibt, hätte die Blutprobe einen Wert zwischen 2,74 und 3,19 Promille aufweisen müssen“, führt Gerichtsmediziner Wolfgang Mattig aus. Nach einem solchen Sturztrunk hätte Ugur U. auch erhebliche Ausfallerscheinungen gehabt. „Somit ist die Nachtrunk-Behauptung widerlegt“, konstatiert der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft und beantragt eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 20 Euro. Den Führerschein, der bereits in der Unfallnacht sichergestellt wurde, sollte Ugur U. weitere drei Monate entbehren. Amtsrichterin Reinhild Ahle urteilt ebenso. Nach ihrer Ansicht hatte Ugur U. zum Zeitpunkt des Unfalls mindestens 1,07 Promille Alkohol im Blut. Hoga
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