
© T. Reichelt
Landeshauptstadt: Eine Frage des Belags
Die Initiative Westkurve kämpft um ihren Fußballplatz / Entscheidung könnte Montag fallen
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Brandenburger Vorstadt - Es ist ein schöner Sportplatz: Aschrotes Tartan, stabile Tore, ein Basketballkorb. Bild für Bild blättert Daniel Zeller durch die Fotos der Sportanlage im Potsdamer Stadtteil Schlaatz. „Es war allerbestes Fußballwetter“, erklärt der Geschäftsführer des Stadtteilnetzwerks Potsdam-West. Nur Spieler sind auf seinen Bildern nicht zu sehen. „Ich war an diesem Nachmittag der Einzige dort. Zur gleichen Zeit war hier alles voll“, sagt Zeller – hier ist der Sportplatz an der Hans-Sachs-Straße, hier ist die „Westkurve“, doch von einem schönen Sportplatz ist wenig zu sehen.
Grauer Schotter soweit das Auge reicht. Seit knapp viereinhalb Jahren kämpfen zahlreiche junge Familien aus dem Kiez ehrenamtlich für die Sanierung des beliebten Fußballplatzes in Potsdam-West. Nach jahrelangem Wartem steht der Umbau an. Die Stadt hat 300 000 Euro lockergemacht und plant den Bau eines Tartanplatzes – aus Sicht der Eltern ein völlig ungeeigneter Belag. Sie fürchten, der Status des Platzes als Begegnungsstätte könnte verlorengehen, ein Zaun die sensible Gummimatte schützen und die für jedermann freie Nutzung der Westkurve dann unmöglich machen. Am Montagabend sollen Potsdams Stadtverordnete über das Problem entscheiden. SPD und Die Andere haben vorgeschlagen, dem Willen der Kiez-Helfer zu folgen und umzuplanen. Ein sogenannter Tenn-Belag soll her, ein feiner weißer Schotter, wie er oft auf Parkwegen liegt. „Wir haben uns eine Menge Möglichkeiten angeguckt“, sagt Daniel Zeller. Der weiße Schotter wäre ideal für die Anforderungen des Kiez-Platzes: Hier wird nicht nur Fußball gespielt, sondern auch gefeiert. Der Gummibelag würde das nicht mitmachen.
Auch der Initiator der Westkurve, André Falk, wünscht sich den Tenn-Belag. „Das ist der geilste Fußballgrund, den es gibt.“ Zudem würde der Platz seinen Charme behalten: naturbelassen und für jeden offen, vom Speerwerfer bis zum Festveranstalter. „Der Gummi-Belag passt einfach nicht hierher“, sagt Falk.
Seit 2007 engagieren sich die beiden Familienväter für den liebevoll auch „Hansi“ oder „Schotti“ genannten Platz. Mit einem Brief an die Stadt fing alles an, erzählt Falk. „Als ich den Platz zum ersten mal sah, hingen hier nicht einmal Tornetze. Ein Ball muss doch im Netz zappeln.“ Die Stadt vertröstete ihn: Erst 2012 werde in den Platz investiert. Das dauerte Falk zu lange, er gründete die Westkurve. Nach dem Motto „Kennst du fünf, kennst du alle“ sammelten sich Kartografen, Lehrer, Landschaftsgestalter, Ärzte, Arbeitslose, Tischler, Zimmermänner und viele andere Nachbarn in der Initiative. Sie und ihre Kinder nutzen den Platz in der Freizeit. Die Schüler der Hauptmann-Grundschule und der Käthe-Kollwitz-Oberschule haben hier außerdem Sportunterricht. In Eigenarbeit sind über die Jahre neben dem Fußballplatz ein Beachvolleyballfeld samt Sprunganlage entstanden. Wenige Meter weiter steht ein sechs Meter hoher Rutschenturm, eine Vogelnestschaukel in einem Buddelkasten und weiter weg ein selbstgebauter Lehmofen. Die Sanierung des Fußballplatzes würde die Arbeit der Eltern krönen, findet Falk. Vorausgesetzt sie könnten den Platz weiter nutzen wie bisher. „Das Angebot steht, dass wir hier als Westkurve in der Lage sind, Hand in Hand mit der Stadt, die Pflege des Platzes zu übernehmen.“
Daniel Zeller hat derweil seine Fotos vom aschroten, leblosen Tartan-Platz am Schlaatz wieder eingepackt. Ganz tief in seine Tasche. Lieber zeigt er Pläne, wie die Westkurve mit dem neuen weißen Schotterbelag aussehen würde. „Wir wollen nicht aufs Spiel setzen, dass unser Platz totsaniert wird“, sagt er.
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