
© A. Klaer
Das Tulpenfest 2016 in Potsdam: Eine Frage des Standpunktes
Nach zwei Jahren Pause fand am Wochenende wieder das Tulpenfest statt – diesmal auf dem Bassinplatz im Holländerviertel. Den Besuchern gefiel das, den Händlern weniger.
Stand:
Potsdam - Tief ins Wasser stuken, auf dem geriffelten Waschbrett sauberrubbeln und dann durch die Mangel trocken drehen. Vor der Erfindung der Waschmaschine war das Wäschewaschen harte Handarbeit – sollte man meinen. Die zehnjährige Ivy macht auf dem Potsdamer Tulpenfest, das am vergangenen Wochenende auf dem Bassinplatz sowie in einem Teil der Gutenbergstraße stattfand, eher den gegenteiligen Eindruck. Gemeinsam mit ihrer Familie besuchte sie am gestrigen Sonntag das Fest und probierte gleich mal eines der alten Handwerke aus, die dort präsentiert wurden. „Mir hat das superviel Spaß gemacht, das Waschbrett hat sich an den Händen angefühlt wie eine Massage“, sagte sie. Auch wenn man bei der Mangel aufpassen müsse, sich nicht die Finger einzuklemmen, könne sie sich gut vorstellen, ihre Wäsche in Zukunft so zu waschen. Ihre Mutter allerdings winkte lachend ab, das sei auf Dauer viel zu anstrengend.
Tulpenfest findet nach zwei Jahren Pause wieder statt
Die Potsdamer Familie ist nicht die einzige, die sich für das alte Handwerk interessiert. Ein junger Vater bleibt mit seinem Sohn lange an einem alten Webstuhl stehen und erklärt ihm die einzelnen Schritte vom Faden bis zum fertigen Tuch. „Ich finde es wichtig, dass er weiß, woher die Gegenstände kommen, mit denen er täglich zu tun hat“, erklärt der 30-Jährige, der das Tulpenfest noch von früher kennt. „Es ist schön, dass er das hier auch live sehen kann.“ Auch sonst findet er das Fest gelungen. Zwar fehle etwas die Atmosphäre des Holländischen Viertels, dafür drängle man sich aber auch nicht so sehr aneinander. Volker Witschel, der gemeinsam mit seiner Frau Heidi seit Jahren aus Drewitz zum Tulpenfest kommt, schließt sich dem an. „Ich muss ehrlich sagen, ich finde es sogar schöner als im Holländischen Viertel und hoffe wirklich, dass es jetzt wieder regelmäßig stattfindet und nicht wieder zwei Jahre ausfällt“, so der 72-Jährige. Das Tulpenfest fand nach einer zweijährigen Pause diesmal das erste Mal auf dem Bassinplatz statt. Wie berichtet gab es sowohl Beschwerden über die Enge sowie darüber, dass das eintrittspflichtige Fest in einem Wohnviertel veranstaltet wurde.
Mit fünf Euro Eintritt hat sich der Eintritt in diesem Jahr erhöht, was manche Besucher am Wochenende ärgert. „Mir ist nicht so richtig klar, wofür ich die zahle“, sagt etwa ein junger Familienvater. „Und für die ganze Familie läppert sich das schon.“ Auch Volker Witschel räumt ein, dass der Eintritt etwas wehtut. Er zahle ihn allerdings gerne, weil er die Atmosphäre auf dem Fest wirklich schätze und gerade die holländischen Handwerker so viel Gemütlichkeit auf das Fest bringen. Eine junge Mutter bestätigt das und lobt außerdem, dass auch der Untergrund viel besser für Kinderwagen sei sowie angenehmer für ältere Besucher.
Bedauerliche Veränderungen
So positiv wie die meisten Besucher sehen die Händler die neue Situation nicht unbedingt. Vor allem die Stände, die parallel zur Hebbelstraße aufgebaut sind, hätten keinen guten Platz, wie Peter Burkhardt, Chef von Bock und Gardener Fruchtaufstriche, sagt. Er ist bereits das vierte oder fünfte Mal beim Tulpenfest dabei und bezeichnet die Veränderungen als bedauerlich. „Und so ist das noch nett gesagt. Wir haben bestimmt ein Drittel weniger Kundschaft als sonst und das liegt nicht nur am Wetter“, so Burkhardt. Wie er erklärt, sei im Holländerviertel alles viel konzentrierter und direkter gewesen, jetzt verlaufe sich das Publikum zu sehr. „Wir sind es eigentlich gewohnt, dass die Kunden in Dreierreihen vor dem Stand stehen und nach Marmelade schreien“, so der Händler und zuckt etwas hilflos mit den Schultern. Tatsächlich ist es am Sonntag eher er selbst, der den Kunden seine Marmelade laut anpreist.
Bei Kollegin Martina Mähler vom Schmuckstand Glasstabhamster sieht es ein bisschen besser aus, ihre niedlichen Ohr- und Kettenanhänger ziehen viele Besucher an. Trotzdem ist sie mit Burkhardt einer Meinung: „Ich habe ja das Glück, dass ich hier in der Gutenbergstraße stehen kann, aber da hinten ist man ja so weit ab vom Schuss“, sagt sie. Das Holländerviertel habe für sie einfach viel mehr Flair und der Bekanntheitsgrad würde mehr Besucher locken. Trotz fehlender Gemütlichkeit könne sie sich allerdings nicht beschweren, die Gäste würden auch kaufen. Kaum Probleme hat hingegen Petra Becker von den HB Werkstätten für Keramik. Sie hat ihren Stand direkt auf dem Bassinplatz und gerade am Sonntag sei der Stand fast ständig voll, wie sie sagt. Zwar sei sie das erste Mal beim Tulpenfest dabei, kenne das Holländerviertel als Händlerin aber von anderen Festen und begrüßt die Weitläufigkeit des Bassinplatzes. „Die Besucher können so in aller Ruhe schauen und müssen sich nicht aneinander vorbeiquetschen“, so Becker. Der Atmosphäre tue der Umzug keinen Abbruch, die Besucher seien schließlich alle gut gelaunt.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: