Landeshauptstadt: Eine Gewissensentscheidung
Jan und Christopher leisten Zivildienst im Malteser Treffpunkt Freizeit. Ihr Job: Hausmeistertätigkeiten
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Drei Monate rödeln und den Rest der Zeit in der Sonne liegen, das sei nichts für ihn, erklärt Christopher Witt sein stark vereinfachtes Bild vom Wehrdienst.
Er entschied sich deshalb nach dem Zehnte-Klasse-Abschluss und einer Lehre als Mechatroniker für den Wehrersatzdienst; auch, weil er lieber seiner Stadt statt dem Staat dienen wollte. Eine Gewissensentscheidung, vor der in diesem Jahr etwa 4600 Potsdamer im wehrpflichtigen Alter stehen werden.
Bei der Musterung habe ihn die Militärärztin gefragt, was er denn bei der Bundeswehr machen wolle. „Ich hab’ einfach gar nichts gesagt.“ Da sei klar gewesen, dass er für den Dienst an der Waffe nicht taugte. Dann schrieb er einen dreiseitigen Kriegsverweigerungsantrag. „Der glatt durchgeht, wenn man die Vorlagen im Internet nicht eins zu eins übernimmt, sondern eigene Formulierungen mit einbaut“, rät sein Mitstreiter Jan Kuschan.
Die beiden jungen Männer sind die Zivildienstleistenden Nummer 13 und 14 im Malteser Treffpunkt Freizeit. Ihre Hauptaufgabe in den neun Monaten: Hausmeisterliche Tätigkeit. „Ich habe großen Respekt vor denen, die sich für Altenpflege oder Behindertenbetreuung entscheiden“, sagt der 22-jährige Christopher. Für ihn sei ein Zivildienst im Pflegebereich aber nicht in Frage gekommen, wo man beispielsweise Menschen den Po abwischen müsse, gesteht er.
Für Jan stellte sich die Frage erst gar nicht. Der 21-Jährige hatte sich nach seinem Abitur zunächst ein Jahr durchgejobbt, bis er von einem Freund erfuhr, dass im Treffpunkt Freizeit eine Zivi-Stelle frei würde. Auf die habe er sich beworben und die Stelle bekommen. Eine nette Fügung des Schicksals, wie er fand. Sein Dienstantritt begann nämlich mit einer Reise an die Ostsee, wo er die Theatergruppe der Kinder- und Jugendeinrichtung zur Intensiv-Probewoche begleitete. Auch sonst könne man sich über das Zivildienstleben nicht beklagen, finden Jan und Christopher. Sie reparieren im Haus alles, was anfällt, und sind für die Pflege des am Heiligen See gelegenen Grundstücks zuständig. Abwechslung sei durch die Fülle der Aufgaben garantiert. Zum Beispiel habe er auch Kulissen für das Theater und den neuen Tresen im Kids-Club gebaut, erzählt Christopher. „Und wenn die Computer mal spinnen, helfen wir gern“, ergänzt Jan. Seine Zivildienstzeit endete bereits im Februar. Geld verdiene er bis zum Studienbeginn im Oktober mit Pizza-Ausfahren; im Treffpunkt arbeite er aber als Ehrenamtler weiter. Kollege Christopher gehörte schon vor seinem Wehrersatzdienst zu den Stammbesuchern der Jugendeinrichtung – als Mitglied der Modellbau-AG, wo er bereits fast zehn Jahre Schiffsmodelle bastelt. Im April ist auch er mit seinem Zivildienst fertig.
Deshalb sucht die Geschäftsführerin des Malteser Treffpunkt Freizeit, Bettina Al Talab, „ab sofort“ neue Zivis, auch wenn Nummer 13 und 14 ihr als ehrenamtliche Helfer erhalten blieben. Die Bewerber sollten einen Führerschein haben, nennt sie eine der Voraussetzungen. Es gebe doch eine Menge hin- und herzufahren oder zu besorgen. Außerdem müsse man sich auf flexible Arbeitszeiten einstellen, erklärt Al Talab. Zwar habe man im Treffpunkt so etwas wie eine Kernarbeitszeit. Aber durch das Kulturprogramm oder auch besondere Aktionen seien manchmal Einsätze am Abend oder an den Wochenenden nötig, so die Geschäftsführerin. Bevorzugt würden jetzt Interessenten, die „gleich morgen anfangen können“, scherzt sie. Selbstverständlich könnten sich auch alle anderen bewerben. Infos unter Tel.: (0331) 50 58 600. Nicola Klusemann
Nicola Klusemann
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