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Landeshauptstadt: Eine gute Verbindung

Das Studium zu theoretisch – die Lehre im Betrieb zu einseitig? Wer so denkt, ist an einer Berufsakademie richtig

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Wo studieren? Diese Frage bereitet vielen Schulabgängern Kopfzerbrechen. Was einige nicht wissen: Sie haben nicht nur die Wahl zwischen Unis und Fachhochschulen. In Deutschland gibt es außerdem einige Dutzend Berufsakademien. Manche heißen auch Duale Hochschulen. Sie verleihen inzwischen einen Bachelor wie herkömmliche Hochschulen. Dennoch unterscheiden sich beide stark voneinander.

Die Berufsakademie passt zu Studenten, die einen hohen Praxisbezug suchen. Denn bei diesem Modell lernen sie und arbeiten parallel in einem Betrieb. An den acht Standorten der Dualen Hochschule in Baden-Württemberg zum Beispiel gibt es einen regelmäßigen Wechsel zwischen Theorie und Praxis. Erst wird gepaukt, dann wird das Erlernte drei Monate lang im Unternehmen angewandt.

Das ist auch der Unterschied zur Fachhochschule, wie die Berufsberaterin Jutta Dietrich von der Arbeitsagentur erläutert. An der FH gebe es häufig zwar ein Praxissemester. Das Studium an der Dualen Hochschule ist aber stärker durchstrukturiert. Und die Studenten kehren im Studienverlauf mehrmals in das gleiche Unternehmen zurück.

Etwas anders sieht es an der Internationalen Berufsakademie in Köln aus. Dort wird an zwei Tagen studiert und an drei Tagen in der Woche im Unternehmen gearbeitet. Die zeitliche Aufteilung zwischen Theorie und Praxis ist von Akademie zu Akademie unterschiedlich. Außerdem können Absolventen der Kölner Berufsakademie zusätzlich zum Studium in einer externen Prüfung einen Abschluss der Industrie- und Handelskammer (IHK) machen. Haben sie etwa BWL mit der Fachrichtung Hotel und Tourismus studiert, bietet sich unter Umständen eine Prüfung als Hotelfachfrau an. Schließlich haben sie eventuell genauso wie herkömmliche Azubis Zimmer saubergemacht und im Catering gearbeitet.

Die erste Berufsakademie Brandenburgs wird im Januar in Potsdam ihren Lehrbetrieb mit zwei Studiengängen zur sozialen Arbeit aufnehmen. Interessenten könnten sich noch bis zum 31. Oktober bewerben, teilte der evangelische Träger, die Hoffbauer-Stiftung mit. Beide Studiengänge schließen mit dem Bachelor ab und haben ihren Schwerpunkte in der Musik und Sprachförderung. Die Musik biete in der Kinder- und Jugendarbeit eine „effektive Möglichkeit zur Förderung und Integration“ während die Sprachförderung im Einwanderungsland Deutschland in allen Bereichen sozialer Arbeit gefordert sei, hieß es. Die Studenten werden auch hier neben ihrem Studium eine Ausbildung in ihren späteren Berufsfeldern absolvieren. Laut Mitteilung der Stiftung sind die beiden neuen Studiengänge wissenschaftlich überprüft und akkreditiert worden. Das Wissenschaftsministerium habe in diesem Sommer die Genehmigung für die Akademie erteilt. Standort der Berufsakademie ist die Potsdamer Halbinsel Hermannswerder. Dort betreibt Hoffbauer bereits ein Gymnasium mit einem angeschlossenen Internat sowie eine Altenpflegeschule.

In Hamburg gehört der IHK-Abschluss sogar von vornherein zur Dualen Ausbildung an der Berufsakademie. „Bei uns macht man eine handwerkliche Ausbildung und parallel ein Studium, damit man Praxis und Theorie von Anfang an dabei hat“, sagt Cornelia Hinnah, Sprecherin der Berufsakademie Hamburg. An dieser zur Handwerkskammer Hamburg gehörenden Berufsakademie kann man jede handwerkliche Lehre mit einem BWL-Studium kombinieren.

Bewerber müssen zunächst zu einem Beratungsgespräch kommen. Dann müssen sie sich – wie an jeder anderen Akademie auch – selbst einen Ausbildungsbetrieb suchen, der akzeptiert, dass sie studieren wollen. Allerdings kooperieren die meisten Berufsakademien mit Unternehmen, die passende Lehrstellen anbieten. Mit einem Vertrag in der Tasche können sich angehende Azubis an der Akademie bewerben.

Dieses Modell ist auch für Schulabgänger interessant, die nicht wissen, wie sie ein Studium auf andere Weise finanzieren sollen. Denn Studenten an Berufsakademien verdienen ihr Geld nebenbei im Betrieb. Bewerber müssen das Abitur oder die Fachhochschulreife haben. In Hamburg und Köln gibt es auch keinen Numerus Clausus, der die Zulassung begrenzt. Das sei aber von Akademie zu Akademie unterschiedlich, sagt Oppermann. Absolventen haben recht gute Berufsaussichten. „Sie haben Chancen, bis in die Unternehmensspitze zu gelangen“, meint Dietrich. Nach Angaben der Dualen Hochschule in Baden-Württemberg werden 80 Prozent ihrer Absolventen übernommen. Für die übrigen hat das System auch Schattenseiten: Denn sie seien sehr betriebsorientiert ausgebildet worden, sagt Dietrich. Auch in der Industrie seien die Absolventen gefragt. Denn sie hätten nicht nur eine handwerklich-technische Ausbildung, sondern verfügten auch über kaufmännisches Wissen.

An den staatlich anerkannten Berufsakademien in Deutschland können die Studenten einen Bachelor-Abschluss anstreben – wie an Universitäten und Fachhochschulen auch. Vor einigen Jahren gab es dabei noch eine strikte Unterscheidung. Wurden die Absolventen der Hochschulen ganz normal Diplom-Betriebswirt genannt, stand auf dem Abschluss der Berufsakademie noch ein (BA) dahinter. Das hat sich durch die Bachelor-Umstellung geändert: Zumindest auf dem Papier ist der Abschluss nun der gleiche.

Berit Waschatz

Berit Waschatz

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