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Landeshauptstadt: Eine halbe Million Mark verschenkt?

Anklage: Kinder sollten an Entschädigung nicht teilhaben

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Anklage: Kinder sollten an Entschädigung nicht teilhaben Von Gabriele Hohenstein Als der Vater von Dietmar S. (40) beim Absturz der Concorde im Sommer 2000 bei Paris ums Leben kam, erhielten er und seine Geschwister je eine knappe halbe Million D-Mark als Soforthilfe. Dietmar S. überwies das Geld aufs Konto seiner Lebensgefährtin, deklarierte es als Schenkung. Bei einer Verhandlung vor dem Familiengericht im Februar 2002 – es ging um höheren Unterhalt für seine beiden Kinder – versicherte der Geschiedene, er habe lediglich 10 000 DM von der französischen Fluggesellschaft Air France erhalten. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft wollte Dietmar S. seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse verschleiern, um eine Abweisung der Klage seiner Ex-Ehefrau zu erreichen. Zudem soll der Potsdamer im September 2001 bei einer eidesstattlichen Versicherung gegenüber der Gerichtsvollzieherin wider besseren Wissens behauptet haben, keinerlei Einkünfte zu erzielen. Statt dessen unterstütze ihn seine Lebensgefährtin mit monatlich 1000 Euro. In Wirklichkeit sei er einer regulären Arbeit nachgegangen, habe seinen Verdienst allerdings ebenfalls auf das Konto der Freundin buchen lassen. Laut Anklage verschwieg der bereits wegen Verletzung der Unterhaltspflicht sowie mehrfacher Verkehrsverstöße Vorbestrafte auch hier die gezahlte Soforthilfe, erweckte den Eindruck, arm wie eine Kirchenmaus zu sein. Bei der gestrigen Verhandlung wegen versuchten Betruges und falscher Versicherung an Eides statt in zwei Fällen beteuerte Dietmar S., alle Angaben guten Gewissens gemacht zu haben. An die Belehrung, dass auch etwaige Zahlungen an Dritte offen zu legen seien, könne er sich nicht erinnern. „Ich wusste wirklich nicht, dass ich Gelder angeben muss, die sich nicht auf meinem Konto befinden“, betonte er, konnte allerdings nicht schlüssig belegen, weshalb er die ansehnliche Entschädigungssumme seiner Lebensgefährtin überschrieb. Wieso sein Gehalt auf deren Konto floss, begründete er folgendermaßen: „Von diesem Konto wurden die Miete und andere regelmäßige Ausgaben abgebucht. Sie zahlte mir davon auch meine monatlichen 1000 Euro zum Leben aus.“ Ein als Zeuge geladener Rechtsanwalt sagte aus, der Angeklagte habe ihm gegenüber geäußert, kein Geld von der Air France erhalten zu haben. „Beim Terrorangriff auf das Word Trade Center sollen angeblich sämtliche Unterlagen vernichtet worden sein. “ Ein anderer Jurist – er sollte die Soforthilfe an die Geschwister auszahlen – konnte belegen, dass Dietmar S. ebenfalls in den Genuss der betreffenden Summe gekommen sei. „Sie hatten die Entscheidungsbefugnis, wohin das Geld fließt“, hielt die ermittelnde Staatsanwältin dem Angeklagten vor. „Dass Sie Ihren Anspruch letztendlich verschenkten, spielt keine Rolle.“ Seine Behauptung, keinen Zugriff auf die halbe Million gehabt zu haben, sei somit nicht haltbar. „Die Schenkung war nämlich der Zugriff.“ Das Gericht unter Vorsitz von Kerstin Devriel sah die Anklagevorwürfe bestätigt. „Sie wurden durch den tragischen Tod Ihres Vaters finanziell besser gestellt. Das selbe Recht steht auch Ihren Kindern zu. Es ist überhaupt nicht verwerflich, wenn die Kindesmutter einen Antrag auf höheren Unterhalt stellt“ , betonte sie. Das Urteil: Zehn Monate Freiheitsstrafe, ausgesetzt zu zweijähriger Bewährung, 2000 Euro Geldbuße.

Gabriele Hohenstein

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