Homepage: Eine Katze, die nicht sterben will Roger Penrose über die Rätsel in der Physik
Um es vorweg zu nehmen: Entgegen ihres landläufig schlechten Rufs, sind viele Mathematiker und Physiker brillante Redner. Den besten Beweis dafür lieferte der britische Mathematiker und Physiker Sir Roger Penrose mit seinem Vortrag über Moden, Glaube und Phantasie in der modernen Physik in Berlin.
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Um es vorweg zu nehmen: Entgegen ihres landläufig schlechten Rufs, sind viele Mathematiker und Physiker brillante Redner. Den besten Beweis dafür lieferte der britische Mathematiker und Physiker Sir Roger Penrose mit seinem Vortrag über Moden, Glaube und Phantasie in der modernen Physik in Berlin. Penrose, der zurzeit am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik in Golm forscht, wurde bekannt, als er zusammen mit einem ehemaligen Studenten, dem britischen Physiker Stephen Hawking, den Beweis erbrachte, dass ein Stern, der mindestens dreimal schwerer ist als die Sonne, unweigerlich als Schwarzes Loch endet. Hawking und Penrose entwickelten diejenigen mathematischen Werkzeuge, die es heute ermöglichen, die Eigenschaften Schwarzer Löcher theoretisch zu ergründen. In seinem Vortrag erläuterte er schwungvoll Theorien und Forschungsansätze, die Wissenschaftler heute nutzen, um den Mikro- und Makrokosmos und damit die Entstehung des Universums zu erklären. Unter dem Stichwort „Moden“ erläuterte er die derzeit „modernste“ Anwärterin einer „Theory of Everything“, die Stringtheorie: Viele theoretische Physiker gehen davon aus, dass die Stringtheorie den Schlüssel liefert, um Allgemeine Relativitätstheorie und Quantentheorie unter einen Hut zu bringen. Denn Albert Einstein hat zwar mit seiner Allgemeinen Relativitätstheorie die Schwerkraft als Effekt der Krümmung von Raum und Zeit schlüssig beschrieben und damit unsere Welt im Großen definiert – aber es gibt unüberwindbare mathematische Hindernisse, wenn man versucht, sie mit der Quantentheorie, die die Welt im Kleinen beschreibt, zusammen zu bringen. Die Frage nach dem, „was die Welt im Innersten zusammen hält“ bleibt damit eine der wichtigsten Fragen der modernen Physik. Unter dem Stichwort „Glaube“ ging Penrose näher auf die Quantentheorie ein, die als eine der am besten gesicherten und empirisch belegten physikalischen Theorien gilt. Ihre Aussagen allerdings laufen unseren Alltagserfahrungen zuwider, wie das Beispiel von Schrödingers Katze zeigt: Einem Gedankenexperiment zufolge ist diese Katze zu einem bestimmten Zeitpunkt gleichzeitig tot und lebendig. Was im makroskopischen Bereich unsinnig erscheint, ist auf der atomaren Ebene denkbar: Atome können gleichzeitig verschiedene Anregungszustände besetzen. Sie können sich sogar an zwei Orten gleichzeitig aufhalten – solange niemand genau hinschaut. Unter dem Stichwort „Phantasie“, widmete sich Penrose schließlich der Frage nach dem Ursprung des Universums. Er präsentierte dazu sowohl seine eigenen Ideen als auch die seiner Kollegen: Auf Grundlage der Allgemeinen Relativitätstheorie entwickelten Physiker und Astronomen die so genannten Urknallmodelle. Sie beschreiben, wie sich das Universum, aus einer extrem heißen und dichten Frühphase bis zu seiner heutigen Gestalt entwickelt hat. Eine charakteristische Eigenschaft dieser Modelle ist, dass das Universum sich mit der Zeit verändern muss, denn ein ewig gleiches Universum in einem stabilen Zustand langfristiger Unveränderlichkeit lassen Einsteins Gleichungen nicht zu. Ein Weltall, das sich gemäß der Urknall-Modelle entwickelt, kann entweder im Zusammenstürzen begriffen sein oder aber sich in einem Zustand stetiger Expansion befinden. Unser eigenes Universum ist dabei, sich auszudehnen. Auf die Frage eines Besuchers, wie es sich in seinem Modell mit der Zeit verhalte, antwortete Penrose lapidar: „Time is gone“. Zeit spielt in seinem Modell keine Rolle mehr. Susanne Milde
Susanne Milde
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