Landeshauptstadt: Eine Mobilitätsfrage
Die CDU wählt: Reiche oder Ehrl? Einen Favoriten scheint es nicht zu geben
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Mit einem Ergebnis wie bei seinen letzten Wahlen rechnet Andreas Ehrl heute nicht. Einstimmig haben ihn die Wasserballer zum Abteilungsleiter im OSC Potsdam gewählt – auch bei der Wahl zum Kreis-Vorsitz der CDU-nahen Mittelstandsvereinigung (MIT) gab es keine Gegenstimme. Heute Abend tritt der 45-jährige Unternehmer überraschend auf dem Kreisparteitag der CDU für das Amt des Kreisvorsitzenden gegen die Bundestagsabgeordnete Katherina Reiche an. Bereits in den ersten Stunden nach Bekanntwerden der Kandidatur habe man versucht, ihn davon abzubringen, sagte Ehrl. Der Vorwurf: Er spalte die Potsdamer Christdemokraten, dies habe negative Auswirkungen auf die Landes-CDU. Ob er eine Chance hat, wird davon abhängen, wie viele mit der momentanen Situation unzufriedene Mitglieder mobilisiert werden können.
Andreas Ehrl ist in Potsdam bekannt, allein durch seine BMW-Autohäuser und inzwischen auch wegen des Engagements für den Sport. Seit 1995 wohnt er in Potsdam, einst war er ein Weltklasse-Wasserballer bei den Wasserfreunden Spandau, Olympiateilnehmer in Seoul, 170-facher Nationalspieler und einer, der seine Meinung sagt. Aus dem Wasserball- OlympiaKader für Barcelona 1992 flog Ehrl beispielsweise, weil er den Nationaltrainer als „Suppenkasper“ bezeichnet hat. Politisch in Erscheinung getreten ist Ehrl erst in den letzten Tagen, als er sich für die Gewerbeflächen im Kirchsteigfeld ausgesprochen hat und gegen das Handelskonzept Drewitz-Center. Seine Kandidatur war selbst für viele CDU-Mitglieder überraschend. Und sie scheint so geheim gewesen zu sein, dass sich das Reiche-Lager nicht auf ihn als Gegenkandidaten vorbereiten konnte. Zumal der Beschluss, einen Kreisparteitag mit der Wahl durchzuführen, erst vor knapp vier Wochen gefällt worden ist – und das war damals ebenso überraschend wie die Kanditatur Ehrls heute.
Seitdem hat Reiche, die in Luckenwalde lebt und in Berlin arbeitet, gemeinsam mit der Basis für den Kreisparteitag eine Konsensliste erarbeitet. Diese sei auch mit den Gremien der CDU, den Ortsverbänden und der Mittelstandsvereinigung, abgestimmt worden. Jedoch, so hieß es gegenüber den PNN, ist am Mittwoch eine nicht mit allen abgestimmte Konsensliste verschickt worden. Inwieweit sich die Mitglieder daher heute an die Liste und Wahlempfehlungen in den Ortsverbänden gebunden fühlen, bleibt unklar.
„Die Frauen-Union wird die Konsensliste unterstützen“, sagte Jana Schimke. Sie ist Vorsitzende der Potsdamer Frauen-Union und kennt Ehrl schon länger. „Ich schätze ihn als Mensch, als Unternehmer und als Vorsitzenden der MIT“, sagte die 31-Jährige. Jedoch sehe sie die Kandidatur als falsches Zeichen für das Ziel, eine geschlossene Partei in der Landeshauptstadt zu präsentieren. Reiche sei die richtige Kandidatin, sie bringe bundespolitische Prominenz nach Potsdam, hat die Rathaus-Kooperation entstehen lassen und der CDU mit der Beigeordneten Iris Jana Magdowski zu mehr Gewicht an der Verwaltungsspitze verholfen, erklärte die Vorsitzende der Frauen-Union.
Bei der letzten Wahl erhielt Reiche übrigens ohne Gegenkandidaten nur 64 Prozent der Stimmen. Sie ist seit Mitte 2008 Vorsitzende des CDU-Kreisverbandes und löste einst Wieland Niekisch ab. Jan Brunzlow
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