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Vor dem Aus: Das Modegeschäft „Ebbinghaus“ an der Fachhochschule.

© M. Thomas

Landeshauptstadt: Eine Mode-Insel muss schließen Traditionsgeschäft „Ebbinghaus“ gibt auf

Innenstadt - Auf einer Insel hat alles begonnen. Vor 66 Jahren, am 1.

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Innenstadt - Auf einer Insel hat alles begonnen. Vor 66 Jahren, am 1. Juli 1945, gründete Willi Ebbinghaus in Berlin-Friedenau sein erstes Bekleidungsgeschäft. Die Insel – das waren damals die Sektoren der drei westlichen Alliierten, umgeben von sowjetisch besetztem Gebiet. Und wenn Fortuna nicht in letzter Sekunde noch zur Hilfe eilt, wird die Geschichte von Ebbinghaus in wenigen Wochen auch auf einer Insel enden. In der einst modernen sozialistischen Ladenpassage an der Friedrich-Ebert-Straße, einen Steinwurf vom Alten Markt entfernt, harrt das Modegeschäft seit Jahren einsam aus – umgeben von städtebaulicher Tristesse, Bauzäunen und verwahrlosten Grünanlagen. Eine „Insellage“ nennt dies auch Andreas Pakebusch von der Geschäftsleitung des Modehauses.

Spätestens seit der Sozialismus aus der Ladenpassage auszog, wirkt der kleine Bummelboulevard wie aus der Zeit gefallen. Nach und nach verließen die Geschäfte in der Nachbarschaft ihren angestammten Sitz oder gaben auf. Keine gute Situation für einen, der auf Kunden angewiesen ist. Als dann auch noch die Bauzäune der Bibliothek den Kunden einen Slalomlauf zu Ebbinghaus aufzwangen, wurde es für das Modegeschäft existenzbedrohend. Immer weniger Kunden steuerten das Eiland Ebbinghaus an.

Für den Aufenthalt auf einer Insel benötigt man Vorräte. Diese sind im Falle von Ebbinghaus aufgebraucht. Laut Pakebusch wäre „wahnsinnig viel Reservekapital“ erforderlich, um bis zum Ende der Bibliothekssanierung wirtschaftlich durchzuhalten. Hinzu kommt, dass die Tage des von Ebbinghaus genutzten Domizils ohnehin gezählt sind. Das Gebäude soll in den nächsten Jahren dem Wiederaufbau der Potsdamer Mitte weichen.

Der Geschäftsbetrieb werde zum Jahresende eingestellt, sagt Pakebusch. Der Räumungsverkauf laufe bereits. Weil sich in dem Laden auch das Lager und die Verwaltungsbüros für die beiden Berliner Filialen befänden, würden mit dem Potsdamer Geschäft nun auch die Berliner Läden untergehen, so Pakebusch. Allen Mitarbeitern sei zum Jahresende gekündigt worden. Für die drei Potsdamer Verkäuferinnen geht damit eine lange Ära zu Ende. Pakebusch zufolge waren sie bereits im einst von Ebbinghaus aufgekauften Potsdamer Exquisit beschäftigt – einem Laden, in dem man in der DDR zu stolzen Preisen Mode kaufen konnte, die etwas schicker war, als der übliche sozialistische Look.

Seit Langem braust um Ebbinghaus eine unruhige See. 2003 beantragte das Unternehmen die Insolvenz, in der es laut Pakebusch noch immer steckt. Das Konzept, bei Lieferanten Restposten von Markenware aufzukaufen und den Kunden zu günstigen Preisen anzubieten, habe Pakebusch zufolge das Überleben des Unternehmens gesichert. Die andauernde Insolvenz sei jedoch nicht der Grund für die Schließung. Vielmehr zwinge der schlechte Standort zum Aufgeben, so Pakebusch – für einen Neustart in attraktiverer Lage fehle das Geld. H. Catenhusen

H. Catenhusen

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