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Von Michael Kühn: „Eine potenzielle Maßnahme“

Das Zentrum für CO2-Speicherung am GFZ erforscht Chancen und Risiken der unterirdischen Speicherung von Kohlendioxid

Stand:

Das Wissenschaftsjahr 2010 befasst sich mit der „Zukunft der Energie“. In den PNN stellen Wissenschaftler des GeoForschungsZentrums in Potsdam (GFZ) ihre Forschungsprojekte dazu vor.

Im Rahmen der Klimapolitik wird die Lagerung des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) in tiefen Gesteinsschichten als eine potenzielle Maßnahme für die Reduktion der Treibhausgasemissionen und gegen die globale Klimaerwärmung gesehen. Mit dieser entwicklungsfähigen Technologie sind aber auch Ängste der Bevölkerung in den geplanten Zielgebieten verbunden: Ist eine langfristige und sichere Speicherung ohne Gefährdung der Umwelt und des Menschen möglich? Wissenschaft und Technik, unter besonderer Berücksichtigung der Erfahrungen vom GFZ-Forschungsstandort Ketzin, können helfen, diese Frage zu beantworten.

Eine geologische Lagerung von CO2 in tiefe Gesteinsschichten kann, so wird abgeschätzt, an der weltweiten vorgesehenen Gesamtreduktionsrate zu einem Viertel beitragen. Die Hauptquellen, an denen Kohlendioxid abgetrennt werden kann, finden sich bei der Großindustrie (Energie, Stahl, Zement, Chemie), die Senken in denen es langfristig gespeichert werden soll, sind tiefe, Salzwasser führende Gesteinsschichten oder leergeförderte Erdgaslagerstätten, zu denen das Kohlendioxid über Pipelines transportiert werden müsste.

Oberhalb der porösen Gesteine, in die das CO2 eingebracht werden soll, muss mindestens eine undurchlässige Deckschicht das aufsteigende Gas zurückhalten. Mit der Zeit werden dann wesentliche Teile des Kohlendioxids kapillar im Porenraum gebunden, als Kohlensäure im Wasser gelöst bzw. zu Karbonaten mineralisiert. Beachtet werden müssen potenzielle Lecks, die vorhanden sein können. Es muss ausgeschlossen werden, dass der Mensch oder die Umwelt durch zu hohe CO2-Konzentrationen gefährdet wird. Dies wird durch umfangreiche Überwachungsmethoden gewährleistet. Am Beispiel des Standortes Ketzin kann gezeigt werden, dass die CO2-Speicherung im Forschungsmaßstab sicher und verlässlich durchführbar ist.

Die unterirdische Speicherung von Kohlendioxid wird nahe der Stadt Ketzin nordwestlich von Potsdam erforscht. Die geologischen Zielhorizonte für die CO2-Speicherung am Standort Ketzin sind poröse Sandstein-Schichten in 630 bis 650 Metern Tiefe. Die Speichersandsteine werden von rund 240 Meter mächtigen abdichtenden Tonsteinen überlagert. Bis 2004 wurde am Standort Ketzin ein saisonaler Untergrundspeicher für Erdgas in einer flachen Sandsteinformation in etwa 280 Metern Tiefe betrieben. Daher ist der Standort gut untersucht. Basierend auf den Vorkenntnissen sowie ergänzend durchgeführten Erkundungsuntersuchungen wurden für die CO2-Speicherung drei neue Bohrungen bis in eine Tiefe von jeweils etwa 800 Meter niedergebracht. Eine dieser Bohrungen dient zur Injektion des Kohlendioxids, die beiden anderen werden zur Beobachtung der Injektion und der CO2-Ausbreitung eingesetzt.

Seit Juni 2008 wird am Standort Ketzin lebensmittelreines Kohlendioxid über die Injektionsbohrung in den Untergrund eingespeist; bis September 2010 insgesamt rund 37 000 Tonnen. Die Injektion verläuft sicher und verlässlich. Das wissenschaftliche Begleitprogramm ist vor allem auf die Überwachungsmethoden fokussiert.

Die wissenschaftlichen Erfahrungen am Standort Ketzin beruhen insbesondere auf einem geochemischen und geophysikalischen Überwachungsprogramm, das im internationalen Vergleich zu den modernsten und umfangreichsten zählt. Zentral hierbei ist nicht nur die Kombination der verschiedenen Methoden wie Geoelektrik, Seismik, Temperatur- und Drucküberwachung sowie Fluid- und Gasuntersuchungen, sondern auch die Kombination von mehreren Messanordnungen mit unterschiedlichen zeitlichen und räumlichen Auflösungsvermögen innerhalb der einzelnen Methoden. Diese zusammen haben eine erfolgreiche und für zukünftige Projekte vielversprechende Tomographie des Untergrundes ermöglicht.

Die geologische Speicherung von Kohlendioxid bedarf noch weiterer Forschung, insbesondere ist als nächster Schritt auf dem Weg zu einer zukünftigen großtechnischen Anwendung ein Demonstrationsprojekt in größerem Maßstab erforderlich. Ob CCS in Deutschland ein gangbarer Weg ist, ist – so zeigt das jüngste Gutachten des DIW – letztlich eine politische Entscheidung. Was im DIW-Bericht nicht zum Thema gemacht wird, ist die Tatsache, das die Schwellenländer für ihre wirtschaftliche Entwicklung noch über Dekaden Kohle werden verbrauchen müssen. Die damit verbundenen CO2-Emissionen müssen im Sinne von uns allen neutralisiert werden. Dafür ist CCS eine unverzichtbare Option.

Der Autor leitet das Zentrum für CO2-Speicherung des Deutschen GeoForschungsZentrums Potsdam (GFZ).

Michael Kühn

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