Landeshauptstadt: Eine Schule tanzt ums Überleben
Das Maldoom-Projekt mit Theateraufführungen soll für den Standort in der Burgstraße werben
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Innenstadt - Sina und Isa sitzen auf der Bank in der Rosa-Luxemburg-Oberschule und erzählen über die Arbeit mit Royston Maldoom. Er sei streng, aber nicht streng genug. Sie tanzen drei Wochen lang, aber das sei nicht lang genug. Und sie sind wieder in einer Schule, doch wie lange noch? Die beiden jungen Frauen gehören dem Projekt „Jugendhaus Oase“ an, einer Einrichtung für Schulverweigerer, das mit der Luxemburg-Schule kooperiert, um Jugendliche aufzufangen. Früher waren die 15- und 17-Jährige jeden Tag in der Burgstraße in den Unterrichtsräumen, doch diese Zeiten sind vorbei. Einige ihrer früheren Klassenkameraden haben sie jedenfalls wieder getroffen.
Sechs Jugendliche aus dem Schulverweigererprojekt wollten mit dem britischen Star-Choreographen Maldoom arbeiten, fünf sind bis heute geblieben. Eine Freundin von Sina und Isa sei gegangen, weil sie die Socken zum Tanzen ausziehen sollte. Das habe ihr nicht gefallen. Banal, aber sie war weg. Groß war die Fluktuation bei den Schülern aber nicht, sagen die Projektbeteiligten übereinstimmend. 60 Schüler haben bei einer ersten Anfrage sofort Ja gesagt, 40 kamen später hinzu. Knapp hundert sind es jetzt, die barfuß eine Choreographie zum Stück „Tryst“ einstudieren. Und alle die heute noch dabei sind, wollen auch die letzte Woche schaffen. Danach fällt der Vorhang für die große Show im Hans- Otto-Theater: drei Abende lang soll das Stück aufgeführt werden, und vielleicht auch noch im nächsten Jahr. Dann, so Schulleiterin Dr. Vera Paul, könne sie sich weitere Aufführungen vorstellen. Denn das von der F.C. Flick-Stiftung mit Sitz in Potsdam finanzierte Projekt soll nicht sofort abgehakt werden. Zwar sei damit zu rechnen, dass die Schüler nach dem Projekt in ein schwarzes Loch fallen, doch sollen sie dadurch auch einen Aha-Effekt bekommen.
Die Schule bereitet sich damit auf einen weiteren Kampf ums Überleben vor. Denn in Potsdam gibt es mehr weiterführende Schulen als nötig, einige Einrichtungen stehen vor der Schließung. Nach zwei Jahren Gerede über eine mögliche Zukunft hat es Schulleiterin Vera Paul satt. Sie will die immerwährenden Debatten nicht öffentlich austragen. Lieber will sie mit Projekten wie diesem für Aufmerksamkeit sorgen und die Schule von ihrem Schmuddel-Image befreien. Dazu soll auch die Einrichtung einer Primarstufe im kommenden Schuljahr sorgen.
„Wir tanzen für den Erhalt der Schule“ oder „Die Schließung der Schule ist noch nicht beschlossen“ steht daher in schwarzen Lettern auf den Plakaten, die die Sporthalle schmücken. Jeder soll wissen, um was es geht. Um Schicksale von Schülern. Spuren des Projektes werden wieder in den Unterricht einfließen, sind sich Vera Paul und die selbst mittanzende Lehrerin Susanne Lepke sicher. Auch Sina und Isa würden gerne länger an der Schule bleiben – bislang aber nur um zu tanzen. jab
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