Aus dem GERICHTSSAAL: Eine Treppe als Geburtstagsgeschenk?
Gericht: Handwerker vom Vorwurf des Diebstahls freigesprochen
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Aus dem GERICHTSSAALGericht: Handwerker vom Vorwurf des Diebstahls freigesprochen Manfred M.* (49) baute seiner Stieftochter Nadja* zu deren 17. Geburtstag eine kleine Wohnung im Spitzboden seines Hauses in der Waldstadt aus, die nur über eine Wendeltreppe zu erreichen war. Als das Mädchen ein Jahr später zu seinem Freund zog, nahm es sein gesamtes Mobiliar mit. Die Treppe – obwohl aus Nadjas Sicht ein Geschenk des Stiefpapas – blieb da, wo sie war. Als die Ehe mit Nadjas Mutter in die Brüche ging, wurde das Haus zwangsversteigert. Manfred M. hatte 14 Tage Zeit, sein Hab und Gut aus der Doppelhaushälfte abzutransportieren. Der selbstständige Handwerksmeister beschränkte sich auf die rund 5000 Euro teure Treppe und zwei Zylinderschlösser. Der Zwangsverwalter des Hauses war sich allerdings sicher, Treppe sowie Zylinderschlösser gehören zum Haus und erstattete Anzeige wegen Diebstahls. Jetzt sitzt Manfred M. auf der Anklagebank des Amtsgerichts, neben ihm sein Bruder Thomas* (52). Er soll im Juni vorigen Jahres geholfen haben, die Treppe abzutransportieren, sie sodann auf seinem Grundstück gelagert haben. „Ich habe an dem Haus gehangen. Da habe ich so viel mit meiner Hände Arbeit geschaffen“, resümiert Manfred M. Wenigstens die weiß lackierte Wendeltreppe aus Eschenholz habe er retten wollen. „Ich habe sie persönlich ausgesucht, bezahlt und auf eigene Rechnung einbauen lassen. Deshalb bin ich auch davon ausgegangen, dass sie mein Eigentum ist“, so der Angeklagte. „Aus der Akte geht hervor, dass Ihre Stieftochter der Ansicht ist, Sie hätten ihr die Treppe zum 17. Geburtstag geschenkt“, wirft Amtsrichter Francois Eckardt ein. Manfred M. wundert sich und entgegnet: „Man kann doch einem Kind keine Treppe schenken. Sie gehörte zu der kleinen Wohnung unterm Dach, die Nadja nutzen sollte.“ „Ich habe meinen Bruder gefragt, ob wir die Treppe einfach abholen können“, erinnert sich der Mitangeklagte Thomas M. Als Manfred ihm die Rechnung präsentierte, die bewies, dass er sie käuflich erwarb, habe er sich nichts Böses dabei gedacht, ihm beim Abtransport zu helfen. „Das Ding liegt heute immer noch bei mir rum. Niemand hat sich bisher darum gekümmert“, berichtet er. „Die Treppe ist mir piepwurschtegal“, erklärt die Ex-Ehefrau von Manfred M. im Zeugenstand. „Ich bin nicht gefragt worden, als sie eingebaut wurde.“ Es sei ihr aber klar gewesen, dass sie bei einem eventuellen Auszug der Tochter nicht wieder demontiert und ihr mitgegeben würde. Nadja (inzwischen 25) glaubt felsenfest, besagte Treppe sei ein Geburtstagsgeschenk ihres Stiefvaters gewesen. „Aber in der Wohnung meines Freundes brauchte ich sie nicht. Deshalb habe ich sie zurückgelassen.“ „Mein Mandant war zum Zeitpunkt der Mitnahme Eigentümer der Treppe“, bringt es der Verteidiger von Manfred M. auf den Punkt. Auch der Staatsanwalt sieht den „subjektiven Tatbestand des Diebstahls nicht erfüllt“. Er plädiert darauf, die Brüder freizusprechen. Das Urteil des Gerichts ergeht ebenso. (*Namen geändert.) Hoga
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