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Landeshauptstadt: Einer will seinen FDJ-Beitrag zurück
Bürgerinitiative „Potsdam ohne Garnisonkirche“ gegründet / Kritik an „Rekonstruktion des Preußentums“
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Innenstadt - Etwa 50 Interessierte kamen gestern zur Gründung einer Bürgerinitiative „Potsdam ohne Garnisonkirche“ in das Kabarett „Obelisk“. Erschienen waren nicht nur junge Linke, sondern auch ältere Potsdamer, denen die 1945 beschädigte und 1968 abgerissene Garnisonkirche in der Breiten Straße als ein Symbol für den preußischen Militarismus gilt. So erklärte der 1939 geborene Walter Stagge, Angehöriger der „Kriegskindergeneration“, wie er sagte, dass die Kirche in Preußen zur „geistig-moralischen Einstimmung auf den nächsten Waffengang“ diente. 121 Feldzüge habe Preußen geführt. Selbst Goethe habe seiner Schwester geschrieben, „es gibt keinen so gottlosen Ort wie die Residenz des Königs von Preußen“. Stagge zufolge wollten nun „fanatische Preußenschwärmer“ die Kirche wiederaufbauen, was verhindert werden sollte.
In diesem Sinne äußerten sich viele Redner. Bernd Giewolies forderte: „Verhindern wir die Rekonstruktion des Preußentums“. Ein Redner erinnerte an seinen aus dem Konzentrationslager heimgekehrten Vater, der ihm, seinem Sohn, in den 1950er Jahren erklärt habe, wenn diese Kirche wiederaufgebaut wird, sei das ein Zeichen für die Wiederkehr des preußischen Militarismus. Horst Jäkel weitete das Thema und erinnerte daran, dass sich Deutschland in Afghanistan im Krieg befinde. Dieser Krieg müsse beendet werden. Gleichsam erinnerte er an den 21. März 1933, den sogenannten „Tag von Potsdam“, an dem „Militär, Kapital und Dibelius-Kirche“ mit Hitler „den größten Verbrecher aller Zeiten“ in der Garnisonkirche in den Sattel hievten. Markus Pilarski erklärte, mit dem Wiederaufbau der Kirche des Architekten Philipp Gerlach wolle „eine spezielle Schicht der Gesellschaft“ eine „Versöhnung mit der eigenen Geschichte“ erreichen. Pilarski: „Damit bin ich nicht einverstanden.“ Eine Rednerin sprach von der „Hitlerkirche“, eine andere bezeichnete Versöhnung „in der Packung der Garnisonkirche“ als eine „Farce“.
Ferner rieben sich die Kritiker an Rekonstruktionen bei der Gestaltung der Mitte. Es fiel der Begriff „preußisches Disneyland“. Ein Redner verlangte seinen „FDJ-Beitrag zurück“. Er kritisierte damit die Vergabe von zwei Millionen Euro aus den Mitteln der DDR-Parteien und Massenorganisationen an die Garnisonkirchen-Stiftung.
Die Initiative versucht nun, Arbeitsgemeinschaften zu gründen. Klarheit herrschte darüber, sich am 26. Mai wieder zu treffen, im Freiland, oder im Schaufenster der Fachhochschule. Guido Berg
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