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Die Erklärspezialistin. Franziska Andreas hat sich vor anderthalb Jahren mit der Filmmanufaktur Potsdam selbstständig gemacht. Ihre Geschäftsidee: liebevoll gestaltete Erklärvideos, maximal eine Minute lang.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Einfach erklärt

Von der Hotelfachfrau zur Kreativunternehmerin: Vor anderthalb Jahren gründete die Potsdamerin Franziska Andreas die Filmmanufaktur Potsdam. Spezialisiert hat sie sich auf individuelle Erklärvideos

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Alles begann auf einer langen Autofahrt. Franziska Andreas stand kurz vor der Unterzeichnung eines neuen Arbeitsvertrags. Doch glücklich war sie darüber nicht: Eigentlich wollte sie viel lieber ihre eigenen Ideen und Visionen verwirklichen. Doch ihr bisheriger Arbeitgeber unterstützte deren Umsetzung nicht. „Dann mach’s doch einfach alleine“, habe ihr Lebenspartner ihr auf der Autofahrt Mut gemacht. Gesagt, getan. Statt einen gesicherten Job mit neuem Dienstwagen anzutreten, setzte sich Franziska Andreas mit ihrem Laptop an den Wohnzimmertisch und begann ihre Karriere als Unternehmerin – mit kurzen Filmen, in denen Animationen komplexe Zusammenhänge einfach und unterhaltsam vermitteln.

„Vor sieben bis acht Jahren erlebten die Erklärfilme einen Boom“, erzählt die Unternehmerin. Zahlreiche Start-ups gründeten sich in diesem Bereich, produzierten Videoinhalte für die Internetpräsenzen von Firmen oder stellten Produkte vor. Auch Andreas, die eigentlich gelernte Hotelfachfrau ist und später ihr Verkaufstalent entdeckte, war in der Branche aktiv und erkannte das Potenzial der Kurzfilme. Doch ihre Filme stellte sie sich anders vor als die herkömmlichen Erklärvideos, die oft mit vorgefertigten Designs und Charakteren quasi „von der Stange“ produziert werden, wie sie sagt.

Ihre Videos sollten stattdessen individuell, liebevoll gestaltet, hochwertig sein. 2015 gründete Franziska Andreas ihr eigenes Start-up: die Filmmanufaktur Potsdam, deren erste Marke „deinerklaerfilm“ sein sollte. Ihre erste Mitarbeiterin beschäftigte sie im Arbeitszimmer zu Hause.

Inzwischen ist der Firmensitz ein Büro in der Potsdamer Innenstadt, ruhig im Hinterhaus gelegen. Eine bequeme Couch markiert den Empfangsbereich. Eine kleine Treppe führt zu den Arbeitsplätzen, die mit Paravents vom Eingangsbereich abgetrennt sind. Sieben Mitarbeiter gehören mittlerweile zum Team.

Auf dem Schreibtisch der Skripterin Lena Reich landen die Vorstellungen der Kunden: Welches Thema wollen sie mit dem Film bearbeiten? Welche Zielgruppe haben sie und was wollen sie mit ihrem Video erreichen? Sind diese und weitere Fragen geklärt, verfasst Lena Reich das Drehbuch zum Film. Anschließend bespricht sie ihre Vorstellungen mit den Kunden und den Designern. „Es darf nicht zu kompliziert werden“, sagt die studierte Kunsthistorikerin. „Auge und Ohr müssen gleichermaßen bedient werden.“ Steht die Geschichte, geht es an die Umsetzung. Auf den Schreibtischen stehen große Monitore, an denen die Motion-Designer das Storyboard schreiben, Figuren zeichnen, Charaktere erstellen und mit Computerprogrammen animieren. Parallel dazu übernimmt die United Sounds GmbH die Vertonung der Texte, fügt Soundeffekte und musikalische Untermalung ein. „Die professionelle Vertonung ist sehr wichtig“, betont Andreas. „Den Unterschied hört der Kunde.“

Fünf bis elf Tage dauert die Produktion eines Films mit einer Länge von 30 bis 60 Sekunden. Länger sollte es nicht werden: „Da sind wir ehrlich zu unseren Kunden“, sagt die Geschäftsführerin. „Wenn jemand einen Fünf-Minuten-Film haben möchte, sage ich ihm, dass sich das niemand anschaut.“ 4000 bis 7500 Euro kostet schließlich der komplette Erklärfilm. „Mit allem Drum und Dran“, betont Franziska Andreas.

Die Unternehmerin ist zufrieden mit der Entwicklung ihrer Firma: „Im ersten Jahr haben wir bereits ein positives Betriebsergebnis, und das ohne Investoren“, betont sie. Und in der Tat, die Bilanz kann sich sehen lassen: 400 000 Euro hat die Filmmanufaktur im Jahr 2016 umgesetzt. In diesem Jahr möchte Andreas die halbe Million knacken. Die Hälfte der dafür notwendigen Verträge hat sie schon in der Tasche. Zur Firmenphilosophie gehört auch die feste Anstellung ihrer Mitarbeiter. „Gleichbleibende Qualität und Zuverlässigkeit sind mir wichtig.“

Blickt sie zurück auf die vergangenen anderthalb Jahre, fallen Franziska Andreas auch schwere Zeiten ein. „Ich hatte anfangs keine Ahnung davon, wie man eine Firma führt, von steuerlichen Dingen oder Personalfragen. Es war ein Sprung ins kalte Wasser.“ Es gab Zeiten, in denen sie ihre Tage mit Arbeit, Junkfood und Schlafen verbracht habe. Und auch mit schlaflosen Nächten und Sorgen. Etwa, wenn ein Kunde noch nicht bezahlt hatte, aber in zwei Tagen die Gehälter fällig waren. „Da habe ich schon manchmal Rotz und Wasser geheult.“

Inzwischen läuft der Berufsalltag geregelter, auch wenn die Arbeitswoche 60 bis 70 Stunden hat und der Laptop abends auf der Couch ab und an immer noch läuft. Den Tausch eines finanziell abgesicherten, aber unbefriedigenden Angestelltendaseins gegen die Selbstständigkeit bereut Andreas jedoch nicht. „Wenn man eine gute Idee hat, kann man viel erreichen.“ Ihr selbst gehen die Ideen jedenfalls nicht aus. Zukünftig möchte sie ihre Firma mit weiteren Marken vergrößern und auch Drohnen- und Realvideos anbieten. Einen Tipp gibt die Unternehmerin anderen Gründungswilligen mit auf den Weg: „Man muss nicht alles können, aber man sollte gut überlegen, wer einen unterstützen kann.“

Die Filmmanufaktur im Internet: www.filmmanufaktur.tv

www.deinerklaerfilm.de

Heike Kampe

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