Landeshauptstadt: Einsiedelei ersteht neu
Rotary-Club Potsdam beginnt mit dem Wiederaufbau des Parkbauwerks im Neuen Garten
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Der Neue Garten erhält eines seiner wichtigsten Parkbauwerke zurück. In diesem Jahr will der Rotary-Club Potsdam den von ihm seit längerem angekündigten Wiederaufbau der Eremitage verwirklichen. „Die Finanzierung ist nunmehr weitgehend gesichert“, erklärt dazu Clubpräsident Dr. Wolfgang Dümcke, beruflich als Geschäftsführer des Filmbüro-Potsdam tätig. Dafür haben Mitglieder der 1905 in Chicago gegründeten und heute in vielen Ländern tätigen, aus Führungskräften bestehenden gemeinnützigen Vereinigung wichtige Vorarbeiten geleistet. So lieferte das Potsdamer Architekturbüro von Wolfhardt Focke die Projektierung. Auch die statischen Berechnungen wurden von einem Clubmitglied übernommen.
Die Aufbauarbeiten, für die die Baugenehmigung bereits vorliegt, werden an Handwerksbetriebe vergeben, die den Rotariern durch Sponsoring und moderate Preise ebenfalls entgegengekommen sind. „Zurzeit besteht noch eine Finanzierungslücke von 8000 Euro“, informiert Dümcke, „doch wir sind zuversichtlich, sie durch weitere Spenden zu schließen.“ Beim Eigentümer, der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, habe der Rotary-Club inzwischen einen Vertragsentwurf eingereicht. „Wir stehen Gewehr bei Fuß, um nach der Zustimmung mit dem Aufbau zu beginnen.“
Dabei geht es zunächst um die Wiederherstellung der äußeren Hülle des Parkbauwerks. Es war 1793/94 nach einem Entwurf von Langhans auf der in den Jungfernsee ragenden Landzunge Quapphorn errichtet worden. Die Holzkonstruktion aus rohen Baumstämmen wurde mit Borke verkleidet, das Dach mit Ried eingedeckt. Es überzog eine Kuppel mit einer so genannten Laterne, durch die das Licht in den ovalen Innenraum fiel. 1964 wurde das Bauwerk abgerissen, weil es das Schussfeld der DDR-Grenzwächter einengte. Das Fundament blieb erhalten und ist in den 90er Jahren einschließlich des Sockels und der aufliegenden Sandsteinplatten gesichert worden. Eine Tafel weist dort auf die Eremitage hin. Dem Wiederaufbau soll eine Neugestaltung der Wege und der gärtnerischen Anlagen rund um die Einsiedelei folgen. Dabei stützt sich Gartenkustos Gerd Schurig auf historische Pläne. Die Kosten will die Stiftung aus dem freiwilligen Parkeintritt bestreiten, der ab der Saison 2007 auch für den Neuen Garten eingeführt wird.
Im Gegensatz zum Äußeren des Baus war der Salon im Inneren recht aufwändig gestaltet. Er besaß einen Fußboden aus schwarz-weißen Marmorfliesen, in der Mitte waren als Mosaik zwei Karten der Erdhalbkugeln eingelegt. Die Wände waren mit edlen Hölzern furniert, über den beiden Türen zeigten Supraporten astronomische Instrumente. In den vier Nischen standen Gipsabgüsse von Skulpturen der antiken Lykomedesgruppe. Die dem Berliner Maler Johann Joseph Frisch übertragene Ausmalung der Kuppel stellte die Planetengottheiten und die Tierkreiszeichen dar. Zur Möblierung gehörten zwei große blassblaue Sofas. Vor dem Abriss 1964 wurden wesentliche Teile der Inneneinrichtung geborgen und im Depot eingelagert. Sie ständen für eine Wiederherstellung des Salons zur Verfügung. Dafür gibt es, auch wegen des hohen Aufwandes, jedoch noch keine konkreten Pläne.
Die Innengestaltung deutet darauf hin, dass die Eremitage durch König Friedrich Wilhelm II. für spiritistische Sitzungen genutzt wurde. Sie stand am Ende eines Weges, auf dem der König Zwiesprache mit dem Totenreich hielt. Dieser Weg führte vom Marmorpalais an Gedächtnisurnen für den früh verstorbenen Lieblingssohn des Königs, Alexander, und seine Geliebte Gräfin Ingenheim, an der Pyramide, die als Eingang zur Unterwelt verstanden wurde, der Muschelgrotte und einem Isis-Heiligtum vorbei zur Einsiedelei, die hinter einem dichten Gehölzgürtel versteckt war. Dies wird als Symbol gewertet, dass sie nur von „Eingeweihten“ nach langem mühsamen Weg gefunden werden konnte, die hier dann zu höherer Erkenntnis gelangten.
Erhart Hohenstein
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