zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Einspurig nach Werder?

Potsdams Baubeigeordneter Matthias Klipp plädiert für einen Radweg auf der Zeppelinstraße

Von Katharina Wiechers

Stand:

Schon seit vergangenem Jahr wird die Geduld der Pendler, die von Werder (Havel) aus nach Potsdam kommen, jeden Morgen stark strapaziert. Die 2012 eingeführten Pförtnerampeln, die bei hoher Schadstoffbelastung in der City auf Rot schalten, sorgen für teils kilometerlange Rückstaus. Geht es nach Potsdams Baubeigeordnetem Matthias Klipp (Grüne), könnte es künftig auch abends zu langen Staus kommen, wenn die Pendler die Stadt wieder verlassen. Denn Klipp will auf der Zeppelinstraße einen Fahrradweg stadtauswärts bauen lassen, was aller Wahrscheinlichkeit nach eine Verengung auf eine Fahrspur bedeuten würde.

„Die Strecke ist für Radfahrer hochgradig gefährlich“, sagte Klipp am gestrigen Freitag bei einer Pressekonferenz. Weil der Radweg nicht durchgängig ist, seien die Radler streckenweise auf dem Gehweg unterwegs, was zu Konflikten mit Fußgängern führe. Zudem komme es an den Einmündungen häufig zu gefährlichen Situationen. Dass bislang noch nichts Schlimmeres passiert sei, sei reines Glück, betonte Klipp.

Ein Radweg auf dem Gehweg der Zeppelinstraße sei nicht möglich, weil dieser zu schmal und von Bäumen gesäumt sei, erklärte der Baubeigeordnete. Auch ein sogenannter Schutzstreifen für Radfahrer auf der Fahrbahn sei nicht praktikabel, weil dieser bei Stau von Autos blockiert werde. Sinnvoll sei daher nur ein „baulich abgetrennter“ Fahrradweg. Dass dies eine Reduzierung auf eine Fahrspur bedeuten würde, sagte er nicht. Es wäre aber die einzige Möglichkeit, um seine Vorstellungen zu verwirklichen.

Sollte dies tatsächlich passieren, wäre die Entrüstung in den westlichen Umlandgemeinden vorprogrammiert. Dementsprechend war man in der Stadtverwaltung am Freitag bemüht, schon vorab die Wogen zu glätten. „Es ist noch nichts entschieden, das sind lediglich Überlegungen“, betonte Stadtsprecher Markus Klier nach der Pressekonferenz. „Es ist definitiv nicht so, dass die Zeppelinstraße nächstes Jahr einspurig wird.“ Auch Klipp hatte gesagt, dass noch Gespräche etwa mit der Polizei und der Straßenverkehrsbehörde anstünden. Er sagte aber auch: „Diese Diskussion muss jetzt endlich zu Ende geführt werden.“ Schon Anfang 2012 hatte er sich für einen Radweg auf der Zeppelinstraße stadtauswärts ausgesprochen.

Klipps Vorschlag passt zu seinem langfristigen Ziel, den Radverkehr in Potsdam deutlich zu erhöhen. „Wir wollen Münster angreifen“, sagte er am Freitag. In der westfälischen Studentenstadt liege der Anteil der mit dem Fahrrad zurückgelegten Strecken bei deutlich über 30 Prozent – in Potsdam sind es 24. Gleichzeitig müsse der Autoverkehr trotz Bevölkerungswachstums zumindest auf jetzigem Niveau „eingefroren“ werden, sagte der Grünen-Politiker. „Nur so können wir die Verkehrsprobleme und die Schadstoffbelastung in den Griff bekommen.“

Um dies voranzutreiben und Ideen mit anderen Städten auszutauschen, ist Potsdam nun Mitglied in einem neuen Europäischen Fahrradprojekt. Am Donnerstag und Freitag hatten sich Vertreter von neun Städten in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien erstmals getroffen – in Potsdam. Ziel des zweijährigen Projekts mit dem Namen „European Biking Cities“ sei es, dass die Städte untereinander Erfahrungen austauschen, sagte Potsdams Radverkehrsbeauftragter Axel Dörrie. Der Vertreter aus dem französischen Strasbourg habe beispielsweise berichtet, dass in seiner Stadt nun der Grüne Pfeil auch für Radfahrer eingeführt wurde. In Bozen wiederum werde intensiv Öffentlichkeitsarbeit betrieben, um das Radfahren beliebter zu machen. Dort gebe es zum Beispiel Fahrradzählstationen, mit denen die Leute zum Radfahren motiviert und die Aufmerksamkeit auf das Thema gelenkt werde.

„Wir brauchen Ideen aus anderen Städten“, sagte Klipp. Potsdam habe zwar kräftig aufgeholt, sei aber in vielen Bereichen noch nicht Spitze. So gebe es zum Beispiel noch Defizite bei der Ausweisung von Fahrradstrecken oder bei den Möglichkeiten, Räder in öffentlichen Verkehrsmitteln mitzunehmen. Klipp verwies auch auf Pläne für die Schönhauser Allee im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg, wo er einst Baustadtrat war. Dort werde überlegt, den Radweg auf die Straße zu verlegen und dafür das Parken zu verbieten. Auch eine Reduzierung auf Tempo 30 sei dort im Gespräch. „Das wäre an manchen Stellen auch in Potsdam eine Überlegung wert“, sagte Klipp. Schließlich werde durch Tempo 30 die Sicherheit für Fahrradfahrer erwiesenermaßen enorm erhöht.

Auch über Fahrradschnellwege müsse nachgedacht werden, sagte Klipp. Vor allem für Benutzer von Elektrofahrrädern seien diese attraktiv. So könnten Autofahrer zum Beispiel auch in den neuen Ortsteilen möglicherweise zum Umsteigen motiviert werden. Zwar sei eine Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs wichtig, sagte Klipp. Neue Trambahnstrecken seien aber zum Beispiel ungleich teurer und aufwendiger in der Planung als Fahrradwege.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })