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Statisch problematisch. Die Leichtathletikhalle hat schwere Baumängel.

© A. Klaer

Landeshauptstadt: Einsturzgefahr am Luftschiffhafen?

Gutachten bescheinigt Sporthallen schwere Mängel – Sanierungskosten im siebenstelligen Bereich

Von Katharina Wiechers

Stand:

Potsdam-West - Zu hohe Schneelast auf dem Dach einer Sporthalle – viele haben da die schrecklichen Bilder vom Eishallen-Unglück in Bad Reichenhall vor Augen. Damals, am 2. Januar 2006, stürzte unter der Last des Schnees das Dach über der Eisfläche ein und begrub zahlreiche Besucher unter sich. 15 Menschen starben, fast alle waren Kinder. Auch in Potsdam gibt es Probleme mit der Tragfähigkeit zweier Sporthallen, nämlich der Leichtathletik- und der Schwimmhalle am Luftschiffhafen. Schon seit rund einem Jahr stehen dort Schilder, auf denen darauf hingewiesen wird, dass die Hallen ab einer Schneedecke von 15 Zentimetern geräumt werden müssen. Nun bestätigt offenbar ein Gutachten, dass die Standsicherheit gefährdet ist.

Der Inhalt des Gutachtens soll erst am Freitag an den Auftraggeber – die Luftschiffhafen GmbH – übergeben werden. Erst dann wird sich herausstellen, ob die 15 Zentimeter realistisch sind oder sogar schon geringere Mengen Schnee die Statik der Hallen gefährden. Je nachdem müssen sich die Sportler im kommenden Winter auf mehr oder weniger häufige Sperrungen einstellen. Dass die Schäden enorm sind, ist PNN-Informationen zufolgen aber jetzt schon klar. Die Kosten für die notwendige Sanierung sollen im siebenstelligen Bereich liegen.

Erst vor rund zehn Jahren sind die Hallen aus den 1970er-Jahren saniert worden, allein die Arbeiten an der Leichathletikhalle kosteten 11,5 Millionen Euro. Auch das Dach wurde damals erneuert – allerdings nicht die auffälligen Stützen an den Längsseiten, die das Dach halten.

Nach Aussage von Andreas Menzel, Grünen-Stadtverordneter und von Beruf Bau-Gutachter, sind an diesen Pylonen schon seit Längerem Schäden zu sehen. Er selbst nutze die Sportanlagen am Luftschiffhafen seit Febraur 2012 und habe schon damals Risse und Abplatzungen am Beton entdeckt. Möglicherweise komme dies von einer bei DDR-Bauten häufig auftretenden Alkali-Kieselsäure-Reaktion, sagte Menzel. Diese entstehe, wenn Zement auf opalhaltige Sande treffe. Der Beton werde dadurch sozusagen aufgesprengt. Er habe die Luftschiffhafen GmbH schon damals auf seine Beobachtung aufmerksam gemacht, sei aber auf taube Ohren gestoßen, sagt Menzel. Dass nun ein Gutachten erstellt wurde, begrüßt er.

In der Stadtverwaltung will man von selbst auf die Idee gekommen sein, das Gutachten erstellen zu lassen. Immer wieder seien in den vergangenen Jahren Kontrollen an allen Dächern durchgeführt worden, teilte ein Sprecher mit. Anfang dieses Jahres habe man auch eine Überprüfung der Bausubstanz und der Dachtragwerkskonstruktionen in Auftrag gegeben. Das Gutachten sei von einem Berliner Ingenieurbüro erstellt worden. Wenn die Ergebnisse vorliegen, solle ein Unternehmen aus der Region damit beauftragt werden, ein Sanierungskonzept zu erstellen. „Erst mit Vorlage dieser Arbeit können wir sagen, in welchem Umfang Sanierungsarbeiten notwendig werden. Auch steht erst dann fest, wie viel Zeit und wie viel Geld nötig sind“, sagte der Sprecher.

Leichtathletik- und Schwimmhalle wurden – nahezu baugleich – zwischen 1976 und 1979 errichtet. Das frei tragende, an einer Stahlkonstruktion aufgehängte Dach erregte damals Aufsehen in der Fachwelt: Der Abstand zwischen den Pylonen an der Außenseite, an denen die Decke hängt, beträgt 42 Meter, die Leichtathletikhalle hat beinahe die Ausmaße eines Sportplatzes.

Auch die Eishalle in Bad Reichenhall stammt aus den 1970er-Jahren und war mit einer Spannweite von 40 Metern damals einzigartig in der Region. Am Tag des Einsturzes vor siebeneinhalb Jahren war die offiziell zulässige Traglast noch nicht erreicht, doch weil sich weitere Schneefälle ankündigten, entschied der Betreiber, die Halle zu schließen. Nur der Publikumslauf sollte noch bis zum Ende gestattet, das anschließende Eishockeytraining hingegen abgesagt werden. Fünf Minuten vor Ende des Publikumslaufes stürzte das Dach plötzlich auf die Menschen nieder. Später stellte sich heraus, dass die statischen Berechnungen zur Belastbarkeit des Daches fehlerhaft waren. Außerdem wurde ein billiger, wasserlöslicher Leim verwendet.

Wenige Monate nach dem Unglück hatte die Bauministerkonferenz „Hinweise für die Überprüfung der Standsicherheit von baulichen Anlagen“ herausgegeben. Darin hieß es, dass an Hallen wie etwa der am Luftschiffhafen alle vier bis fünf Jahre eine Sichtkontrolle und alle zwölf bis 15 Jahre eine eingehende Überprüfung stattfinden sollte. Ob dies mit der Kontrolle des Daches geschehen ist oder ob auch die Stützpfeiler hätten überprüft werden müssen, wird noch zu klären sein.

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