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Homepage: Eiszeit in Sicht?

Klimaforscher hält Sonntagsvorlesung: Nächste Eiszeit erst in 50 000 bis 200 000 Jahren / Temperaturanstieg seit Industrialisierung

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Klimaforscher hält Sonntagsvorlesung: Nächste Eiszeit erst in 50 000 bis 200 000 Jahren / Temperaturanstieg seit Industrialisierung Dramatische Überschwemmungen, Dürren und heftige Wirbelstürme halten in der letzten Jahren zunehmend die Menschen in aller Welt in Atem. Droht demnächst vielleicht auch noch eine Eiszeit? In der Sonntagsvorlesung am vergangenen Wochenende im Alten Rathaus dämpfte Professor Doktor Martin Claussen diese weit verbreiteten Befürchtungen: „In den nächsten 50 000 und wahrscheinlich auch in den kommenden 100 000 bis 200 000 Jahren wird es keine Eiszeit geben.“ Dies haben Claussen, geschäftsführender Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und Professor für integrierte Klimasystemforschung an der Universität Potsdam, und sein Team am PIK in Klimamodellen errechnet. Der große und schlanke, weißhaarige Claussen versteht es, sein Publikum – vom Studenten bis zum Rentner – gekonnt und routiniert in seinen Bann zu ziehen. Gespannt lauschen alle den Unterschieden zwischen den Begriffen Wetter, Witterung und Klima. So sei Wetter der „augenblickliche Zustand der Atmosphäre an einem bestimmten Ort“, Witterung dagegen „der Wetterablauf über mehrere Tage oder Wochen.“ Der Begriff Klima meine „die Gesamtheit meteorologischer Erscheinungen, die für eine Stelle längerfristig charakteristisch sind.“ Um bei der Berechnung von Klimaszenarien relativ wahrscheinliche Aussagen zu bekommen, müssen möglichst viele relevante Größen mit einbezogen werden. Dazu gehören nach Claussen neben der Atmosphäre auch die Ozeane, die Eis- und Landflächen sowie die Vegetation und die Lebewesen. Aber auch die sich ständig ändernde Erdumlaufbahn um die Sonne habe einen klimatischen Einfluss. „Schon eine minimale Veränderung bei einer dieser Komponenten kann unvorhersehbare Konsequenzen, wie etwa große Klimaänderungen, haben“, erklärt der Professor. Um möglichst genaue Szenarien der Klimaentwicklung aufstellen zu können, müssen alle diese Größen ständig und umfassend erfasst werden. Dies geschieht – weltweit nahezu einmalig – in der meteorologischen Station auf dem Telegrafenberg. Wie langjährige Aufzeichnungen des Klimas zeigen, so Professor Claussen, steigt die Temperatur der Erde ungefähr seit Anfang des 20. Jahrhundert an – also etwa seit Beginn der Industrialisierung. Er ist überzeugt, dass „vor allem der von den Menschen verursachte vermehrte Kohlendioxid-Ausstoß zu dem Temperaturanstieg“ führt. Nach Modellszenarien am Hochleistungsrechner hat die sich ändernde Erdumlaufbahn um die Sonne nur einen hundertstel Grad dazu beigetragen. Insgesamt ist die mittlere Jahrestemperatur aber von acht auf etwas über neun Grad Celsius in den letzten einhundert Jahren gestiegen. Für die nächsten einhundert Jahre rechnet Claussen mit wenigstens anderthalb Grad Erwärmung. Die tatsächliche Entwicklung ist allerdings abhängig vom zukünftigen Verhalten der Menschen. Ein weiteres Modell zeigt: Vor 120 000 Jahren herrschten ganz ähnliche Temperatur- und Vegetationsbedingungen wie heute. Damals gab es jedoch einen heftigen Umschwung – plötzlich herrschte Eiszeit. So etwas schließt Professor Claussen allerdings für heute aus. Das „Klima ist variabel“ – auch wenn bisher etwa alle 100 000 Jahre eine Eiszeit herrschte. „Dazu hätte es vor mindestens 1000 Jahren viele Vulkanausbrüche geben müssen“, konnte er beruhigen. Anja Born

Anja Born

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