zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Ekel-Listen bald in Potsdam

Bündnisgrüne wollen Ergebnisse der Lebensmittelkontrollen im Internet veröffentlichen

Stand:

Babelsberg – Ekellisten und „Smileys“ für schlechte und gute Hygiene in Restaurants soll es bald auch in Potsdam geben. „Wir haben einen entsprechenden Antrag gestellt“, sagt Uwe Fröhlich, Kreisvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen.

Der Kreisverband hatte sich Donnerstagabend Schützenhilfe aus Berlin-Pankow zu einer Diskussion in die Babelsberger Schulstraße 9 geholt. Jens-Holger Kirchner, Stadtrat in Pankow: „Als wir 2009 die Liste der ersten 39 Kontrollen im Internet veröffentlichten, erhielten wir 1590 E-Mails in den ersten Tagen.“ Von „Ekellisten“ und „an den Pranger stellen“ habe die Presse das Verfahren kolportiert. Kirchner spricht hingegen von „Smiley-System“ und hält das Logo eines lächelnden Gesichts ohne Nase hoch.

„Im kommenden Jahr werden Besucher von Restaurants an Smileys auch bei uns erkennen, was die Lebensmittelkontrolleure festgestellt haben“, so die Prognose der Stadtfraktion von B90/Grüne. Allerdings: Erst mal liegt der Antrag auf Eis. Der Grund: Die Landes-Verbraucherminister wollen bis Ende dieses Jahres eine deutschlandweites Verfahren vorschlagen. Erst dann seien Potsdam-spezifische Regelungen sinnvoll. Allerdings gibt es bereits gewitzte Geschäftsleute, die mit dem Smiley werben wie die „Smiley’s Pizza Profis“ in der Friedrich-Engels-Straße 21. Ein behördliches Gütesiegel bedeutet das noch nicht und Reaktionen im Internet zeigen, dass die Kunden noch auf andere Kriterien Wert legen: „Von wegen durchschnittliche Preise, kann ... wohl nicht sein, dass für eine Pizza mit 32 Zentimeter Durchmesser und ein paar Belägen 19 Euro aufgerufen werden.“

Wie die Regelung in Potsdam aussehen wird, ist derzeit noch völlig unklar. Beate Fernengel, seit Januar Chefin des Art’otels Potsdam und des Hotel- und Gaststätten-Kreisverbandes wirbt für eine bundeseinheitliche Regelung bei Kontrollen und Veröffentlichung. Zu den „Ekellisten“ im Internet bemerkt sie: „Das Problem sind die alten Bewertungen, die kriegen Sie nicht mehr raus“. Die amtlichen Kontrollen würden nur alle anderthalb Jahre stattfinden. „Wann habe ich die Chance, ein Negativ-Smiley wett zu machen?“ – fragt die Verbandschefin.

Die Missstände, die bei Lebensmittel- Kontrollen zutage treten, sind erheblich. Nach den Pankower Erfahrungen, die laut Kirchner auch deutschlandweit zutreffen, weisen 25 Prozent der Betriebe „gravierende Mängel“ auf, unter anderem verdreckte Herde und Fußböden, verdorbene Lebensmittel, schmutzige Armaturen und falsche Kennzeichnungen von Produkten.

Der Berliner Stadtbezirk Pankow, mit 370 000 Einwohnern mehr als doppelt so groß wie Potsdam, verfügt über zwölf fachlich versierte Lebensmittelkontrolleure. In Potsdam gibt es vier Kontrolleurinnen für 2 900 Betriebe, dazu gehören alle Unternehmen, in denen Lebensmittel verkauft werden, auch der Kaffeeausschank beim Friseur. Die Öffentlichkeit ist gemäß Verbraucherinformationsgesetz aus dem Jahre 2008 über die Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen zu informieren. Vorreiter dieser Transparenz ist Dänemark. Dort hängt in jedem Lebensmittelbetrieb neben der Kasse „in Augenhöhe“ ein Ausdruck der letzten Kontrolle. Grünen-Stadtverordneter Andreas Menzel: „Ich war in Dänemark, es hat mir nicht geschmeckt und es war recht teuer.“ Zwischenruf Kirchner: „aber sauber war’s.“ Günter Schenke

Günter Schenke

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })