Landeshauptstadt: Eltern wählen Ziffern
Der Gesetzgeber lässt die Wahl, einzig Waldorfschulen und Montessori-Schule verzichten auf Zensuren
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Über die Frage „Was ist besser, Zensuren oder verbale Benotung?“ lässt sich trefflich streiten. Doch der Gesetzgeber hat den Rahmen der Gestaltung eingeengt und klare Vorgaben gemacht, wann wer Noten bekommt und wann nicht. Einzig die Montessori-Oberschule Potsdam und die Waldorfschulen müssen sich nicht an die gesetzlichen Vorgaben halten.
Der rechtliche Rahmen sieht vor, dass es ab der 5. Klasse an allen Schulen ohne besonderes Profil Notenpflicht gilt. Verbale Einschätzungen müssen hingegen allein in der 1. Klasse und zum ersten Halbjahr der 2. Klasse vergeben werden. Danach wird es fakultativ: Denn wie die Zeugnisse zwischen 2. und 4. Klasse aussehen, können die Eltern in den jeweiligen Klassen entscheiden. Im Paragrafen 57 des Brandenburgischen Schulgesetzes heißt es, „In den Jahrgangsstufen 2 bis 4 können auf Beschluss der Mehrheit der Mitglieder der Klassenkonferenz und der Elternversammlung schriftliche Informationen zur Lernentwicklung an die Stelle der Noten treten (auch in Flex-Klassen).“ Wie diese Möglichkeit tatsächlich genutzt wird, darüber gibt es weder im Bildungsministerium noch in den Schulämtern Statistiken. Allerdings sind es nur wenige Schulen in Potsdam und Umgebung, an denen die Eltern vom Motto „Das haben wir schon immer so gemacht“ abweichen und sich für verbale Einschätzungen der Kinder über die zweite Klasse hinaus einsetzen.
Seit 17 Jahren ist Grit Meinhold Schulleiterin der Pestalozza-Grundschule in Groß Glienicke. Sie kann sich nicht erinnern, dass sich Eltern für verbale Beurteilungen nach der ersten Klasse entschieden haben. Dabei wird jedes Jahr die Frage neu gestellt, Zensuren oder Beurteilungen? „Eltern wollen kurz und knapp wissen, wie ihr Kind eingeschätzt wird“, sagt die Schulleiterin. Sie meint, Zensuren würden ihnen Sicherheit geben, sie seien eine klare Aussage. An ihrer Schule bestehe dennoch in Form von speziellen Lehrersprechtagen für Eltern die Möglichkeit, eine differenzierte Leistungsbeurteilung ihres Kindes zu erhalten. Jedes Jahr acht Wochen vor den Sommerferien würde diese Möglichkeit bestehen. In der Bürgel-Grundschule Babelsberg haben sich Eltern derzeit ebenfalls alle für Zensuren anstatt Beurteilungen entschieden. Kerstin Hoffmann, stellvertretende Schulleiterin, sagte, für Lehrer sei beides kein Problem. Eine verbale Einschätzung sei kein Mehraufwand, die Note entstehe ohnehin aus einer differenzierten Bewertung jedes einzelnen Schülers.
Während die Waldorfschulen Potsdam und Kleinmachnow aufgrund ihres pädagogischen Konzeptes auf Noten generell verzichten, gibt es in Potsdam auch eine staatliche Schule, an der lieber verbale Beurteilungen verteilt werden als Zensuren: die Montessori-Oberschule. Bis zur achten Klasse gibt es dort keine Zensuren. Hauptgrund sei, dass das „Büffeln für Noten“ Leistungsbereitschaft und Freude am Lernen hemmt statt sie zu fördern. So heißt es im Selbstporträt der Montessori-Schule: „Verbale Beurteilungen, die auf ausführlicher individueller Beobachtung der Schüler basieren sowie Selbsteinschätzungen der Schüler, geben den Leistungsstand wesentlich besser wieder als Noten.“ Ziffernzensuren und -zeugnisse würden wichtige Qualifikationen – wie soziale Kompetenzen und die Fähigkeit zum selbstbestimmten Lernen – ausblenden.
Ganz ohne Zensuren geht es aber doch nicht: Wer sich an einer weiterführenden Schule bewirbt oder um einen Ausbildungsplatz, benötigt ein Noten-Zeugnis. Und auch das Abitur der Waldorfschüler wird nicht getanzt – sie legen die regulären Abi-Prüfungen an der Schule des zweiten Bildungsweges Potsdam ab. jab
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