Sport: Emotionen nicht entscheidend
Die Diskussion um ein neues Fußball-Stadion dominierte beim Stammtisch der Potsdamer Sportvereine / Olympiasiegerinnen nun Ski laufen
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Ab heute stehen Katrin und Kathrin auf Skiern. Doch während Kanu-Olympiasiegerin Katrin Wagner-Augustin gestern Abend nach Spital am Pyhrn aufbrach, um in 640 Metern Oberösterreichischer Höhe gemeinsam mit Ehemann Lars und weiteren Paddlern bis Neujahr Urlaub im Schnee zu machen, fährt Ruder- Olympiasiegerin Kathrin Boron heute in aller Frühe mit der Skull-Nationalmannschaft ins offizielle Ski-Trainingslager nach St. Moritz. 1822 Meter überm Meeresspiegel wird Skull-Nationaltrainerin Jutta Lau bis zum 14. Januar mit insgesamt 14 Ruderinnen in Loipe und Höhenluft Kondition für die neue Saison tanken.
Gestern hatten die beiden Ausnahmesportlerinnen noch einen gemeinsamen Termin: den Frühschoppen der Potsdamer Sportvereine im Bootshaus Seekrug. Kathrin Boron gehörte, mit Töchterchen Cora auf dem Arm, zu den Gastgebern der Potsdamer Ruder-Gesellschaft, während Katrin Wagner-Augustin erstmals zum traditionell am zweiten Weihnachtstag stattfindenden achten Treffen erschien. „Was ist hier denn heute los, was erwartet mich denn“, wollte die 29-Jährige – die KCP-Manager Jürgen Eschert vertrat – erst einmal von Umstehenden wissen, ehe Ministerpräsident Matthias Platzeck mit den Vereinsvertretern auf ein erfolgreiches Jahr 2007 anstieß.
Vertreter der PRG und des UJKC, des SC und des OSC, des KC und Turbine Potsdams tauschten Ideen aus, fachsimpelten bei Kaffee, Bier und Rotwein über Gewesenes und Künftiges. „Vor neun, zehn Jahren existierten Potsdams Sportvereine noch eher nebeneinander. Schön, dass durch diese Frühschoppen mittlerweile ein ganzes Stück mehr Nähe möglich ist“, meinte Platzeck, der von Anfang an dabei war und sich zunächst noch als Potsdamer Oberbürgermeister die Nöte und Pläne der Sportler angehört hatte. Mittlerweile sind auch sein Nachfolger Jann Jakobs und Sport-Minister Holger Rupprecht mit von der Partie.
Thema Nummer eins war die Diskussion um ein neues Fußball-Stadion in der Landeshauptstadt. Sollte die Frauen- WM-Endrunde 2011, wie vom Deutschen Fußball-Bund erhofft, im Herbst nächsten Jahres an Deutschland vergeben werden, könnte Potsdam WM-Austragungsort werden – falls die Stadt bis dahin ein WM-taugliches Stadion besitzt. „Wir bauen das neue Stadion einfach auf dem Alten Markt, dann ist die Schlossdebatte auch gleich beendet“, witzelte Turbine-Trainer Bernd Schröder. Potsdams Kommunalpolitiker allerdings wollen durch eine Machbarkeitsstudie – die im kommenden Januar vorgestellt werden soll – erfahren, was kostengünstiger wäre: ein 15 000-Zuschauer-Neubau an der Wetzlarer Straße beziehungsweise in den früheren Kasernen Krampnitz oder aber eine Sanierung des Babelsberger Karl- Liebknecht-Stadions.
„Egal, wie die Machbarkeitsstudie ausfällt: Die Stadt könnte das finanziell nicht allein stemmen, sondern bräuchte dazu weitere öffentliche Gelder“, erklärte Jakobs. Dass DFB-Präsident Theo Zwanziger vor Wochenfrist in Potsdam die Hilfe seines Verbandes anbot (PNN berichteten), wertete der Oberbürgermeister als positives Zeichen. „Wir müssen“, meinte er, „noch im ersten Quartal 2007 eine Entscheidung treffen und dann bald Nägel mit Köpfen machen.“ Gleiches gelte für eine neue Sporthalle am Luftschiffhafen, wegen der bereits Finanzierungsgespräche mit dem Land liefen. „Diese Halle muss für Handball und Volleyball bundesliga-tauglich und überhaupt multifunktional nutzbar sein“, meinte Jakobs.
Hinsichtlich eines WM-tauglichen Stadions erklärte das Stadtoberhaupt: „Bei der Standortdebatte spielen auch die Emotionen eine Rolle, sie können am Ende aber nicht das entscheidende Kriterium sein. Wenn man ein Stadion baut, muss man dafür auch neue Zuschauerkreise erschließen, und dazu ist eine entsprechende Verkehrsanbindung wichtig.“ Angesichts auch im Stadthaus zu hörender Stimmen, auf Potsdam als WM- Standort von vornherein zu verzichten, erklärte Jakobs: „Ich fände es schade, wenn am Ende alles so bliebe.“
Kathrin Boron und Katrin Wagner-Augustin beschäftigt diese Debatte wenig; ihr Sportplatz in Potsdam ist vor allem die Havel. „Wie ernst ist es denn noch mit Peking“, wollte Platzeck gestern von „Boroni“ wissen, die nach einem erneuten Jahr Pause ihr zweites Comeback startete und 2008 ihre fünften Olympischen Spiele anstrebt. „Sehr ernst, und die WM im nächsten August in München sollen mich dabei bestärken“, antwortete die Olympiasiegerin von 1992, 1996, 2000 und 2004, deren Wunschboot für die nächsten beiden Jahren der Doppelzweier ist. „Ich habe wieder richtig Spaß“, meinte die mittlerweile 37-Jährige, die noch händeringend eine Tagesmutter sucht, die im Februar Tochter Cora (4) im Trainingslager Sevilla betreut. Im kommenden März wird die Ruderin auch zum Training ins chinesische Dali düsen, nach 2008 soll dann Schluss sein, während Katrin Wagner-Augustins Planungen vorsehen, nach den WM 2009 für Familienzuwachs zu sorgen. Jetzt aber widmen sich beide Sportlerinnen erst einmal dem Skilanglauf.
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