zum Hauptinhalt
Kanu-Ikone aus Potsdam. Katrin Wagner-Augustin gewann in ihrer Laufbahn 64 Medaillen bei internationalen Großereignissen. Auch nach dem Ende ihrer aktiven Laufbahn wird die 37-Jährige dem Kanu-Rennsport treu bleiben – als Trainerin. Zuvor wird sie jedoch zum zweiten Mal Mutter.

©  Andreas Klaer

Potsdamer Kanu-Rennsport: Ende einer Bilderbuchkarriere

Ihre sportliche Laufbahn hatte Katrin Wagner-Augustin zuletzt im Standby-Modus. Nun hat die vierfache Kanu-Olympiasiegerin den Aus-Schalter betätigt. Sie macht Schluss mit dem aktiven Leistungssport und weiß genau, was sie nun beruflich machen möchte.

Von Tobias Gutsche

Es ist eine der größten und imposantesten Medaillensammlungen der Welt: 64-mal Edelmetall bei internationalen Großereignissen, darunter vier Olympiasiege, zehn Weltmeistertitel, 13 Triumphe bei europäischen Titelkämpfen. Eine famose Ausbeute. Weitere Plaketten in Gold, Silber oder Bronze werden aber nicht hinzukommen, denn diese Bilderbuchkarriere hat nun ein Ende genommen. Die Potsdamer Kanutin Katrin Wagner-Augustin macht Schluss mit dem Leistungssport. Endgültig geht die 37-Jährige an Land und legt das Paddel aus ihren Händen.

Wagner-Augustin wird zum zweiten Mal Mutter

Am Ufer des Templiner Sees sitzt Katrin Wagner-Augustin im Nieselregen auf einer braunen Bank und holt tief Luft. „Ich hätte gedacht...“, sagt sie mit zittriger Stimme, wendet sich unter Tränen ab und greift nach einem Taschentuch. Der Satz bleibt unvollendet. Zunächst. „Gleich geht’s wieder.“ Eine kurze Verschnaufpause gönnt sie sich noch, dann der zweite Anlauf: „Ich hätte gedacht, dass mir der Abschied deutlich leichterfallen würde. Aber nach 30 Jahren als Aktive geht das offenbar nicht“, meint die Kanu-Ikone, deren Laufbahn faktisch bereits 2013 endete. Nach der WM in Duisburg, bei der sie zweimal Silber gewonnen hatte, startete die Kajakfahrerin bei keinem Wettkampf mehr. Stattdessen trieb sie ihr Studium an der Trainerakademie des Deutschen Olympischen Sportbundes in Köln voran, das sie im September abschließen möchte. Eine Hintertür zum Comeback hielt sich die Sportsoldatin aber stets offen und stellte ihre Karriere damit in den Standby-Modus. Nun hat sie den Aus-Schalter betätigt.

Und zwar aus dem wohl schönsten Grund überhaupt: Katrin Wagner-Augustin und ihr Ehemann Lars bekommen im Oktober Nachwuchs. Zum zweiten Mal, es gibt ein Geschwisterchen für Emil. Nach dessen Geburt im Sommer 2011 untermauerte die Brandenburgerin eindrucksvoll ihren Status als Ausnahmeathletin. Emil war nur wenige Tage alt, da stieg seine Mutter schon wieder ins Training ein. Mit großer Disziplin, Willenskraft und dem Rückhalt ihres Mannes machte sie sich fit. Das Ziel hieß: Olympia 2012. Sie schaffte die Qualifikation, war in London dabei – und fuhr im deutschen Vierer auf den zweiten Platz.

Unter erfolgreichsten deutschen Sommerolympioniken

Mit vier Gold- sowie je einer Silber- und Bronzemedaille gehört die Bambi-Preisträgerin des Jahres 2004 zu den zehn erfolgreichsten deutschen Sommerolympioniken, weltweit zu den Top 100. Die Spiele in Rio, es wären ihre fünften gewesen, hatten sie lange Zeit gereizt, doch der Wunsch nach einem weiteren Sprössling ließ sich damit nicht vereinbaren. „Es wäre schwierig, das Olympiajahr, in dem so viel gereist wird, mit zwei Kindern voll durchzuziehen.“ Also reifte die Entscheidung, sich vom Leistungssport zu verabschieden.

Der hatte fast ihr ganzes Leben diktiert. Alles war auf die Wettkämpfe ausgerichtet. Viele Rennen hat sie bestritten, viele unvergessliche Momente erlebt. Doch welcher war der emotionalste? „Darauf kann ich mich gar nicht festlegen. Die erste WM und das erste Mal Olympia waren genauso schön wie jeweils das letzte Mal.“ Es sei vielmehr das Gesamtwerk, auf das sie gerne zurückblickt. Gewürdigt wurde dieses bereits 2008, als Katrin Wagner-Augustin die deutsche Fahne bei der Olympia-Abschlusszeremonie ins Pekinger Stadion tragen durfte.

Nur ein Job kommt für sie infrage: Kanu-Trainerin

Während sie in den Erinnerungen schwelgt, geht ihr Blick hinaus auf den See und einen Holzsteg, der von den Wellen sachte in Bewegung gebracht wird. Dies war immer ihr Heimathafen, das Kanu-Zentrum am Olympiastützpunkt in Potsdam. „Hier ist für mich zu Hause“, erklärt die Sportlerin, die in Brandenburg an der Havel geboren wurde, 1984 in die Landeshauptstadt zog und dort zu einer der besten Kanutinnen der Welt wurde.  Für viele Nachwuchstalente war sie in all den Jahren ein leuchtendes Vorbild – auch weil sie sich nie etwas auf ihre zahlreichen Erfolge einbildete. „Ich bin keine, die jede einzelne Medaille daheim an der Wand aufhängt.“ Bei 64 Stück ohnehin kein leichtes Unterfangen.

Leicht war auch das Training nicht. Eher schweißtreibend und schmerzhaft. Warum sie sich überhaupt so lange ins Boot setzte und zigtausende Kilometer paddelnd zurücklegte? „Weil das Kanu fahren meine große Leidenschaft ist und mir immer Spaß gemacht hat. Daher kommt für mich auch nur ein Job infrage: Kanu-Trainerin.“ Diese zweite Karriere wird im Anschluss an das Mutterschaftsjahr, auf das sie sich sehr freue, beginnen. „Ich bleibe meinem Sport treu. Ich wechsle eben nur von dem Boot in dieses“, sagt Katrin Wagner-Augustin und richtet ihren Zeigefinger zunächst auf ein Kajak und dann auf ein Motorboot, mit dem die Trainer ihre Schützlinge auf dem Wasser begleiten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false