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Landeshauptstadt: Ende geplatzt

Storytausch: Rund 100 junge Potsdamer schrieben gemeinsam mit Profi-Autoren Geschichten

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An Selbstmord war nicht mehr zu denken! Maria Schilling und Leonie Ellerbrock mussten sich ein anderes Ende für ihre Geschichte „Zum Geburtstag viel Glück“ ausdenken. Ihr Co-Autor hatte der Hauptfigur Gregor zu viel Zuversicht verpasst – der war plötzlich zu gut gelaunt für den Strick. Fünf Wochen lang haben die beiden Potsdamer Schülerinnen mit einem Schriftsteller gemeinsam eine Geschichte geschrieben. Per E-Mail schickten sie die Texte hin und her. Für den ersten, dritten und fünften Teil waren die Jugendlichen zuständig, für die anderen beiden die Profis. Storytausch hieß das Projekt der Stadt- und Landesbibliothek: 25 Schülergruppen von der siebten bis zur 13. Klasse arbeiteten mit drei Autoren an eigenen Erzählungen. Insgesamt haben rund 100 Jugendliche an dem Wettbewerb teilgenommen. Wesentlich mehr hatten sich beworben, sagte gestern Organisatorin Kristina Kirchner von der Bibliothek. „Über 50 Gruppen konnten sich gar nicht beteiligen, weil unsere drei Autoren nicht so viele Geschichten hätten betreuen können“. Das Projekt sei ein „Riesenerfolg“ gewesen. Vor allem weil „so viele Potsdamer Schüler schreiben!“, findet Kirchner: „Und zwar so gut, dass wir manchmal gar nicht gemerkt haben, was die Jugendlichen und was die Schriftsteller geschrieben haben.“ Die Autoren? Die waren geheim. Gestern, als die beiden besten Storys in der Stadt- und Landesbibliothek gekürt wurden, begegneten die Schüler ihnen zum ersten Mal: Dem Potsdamer Martin Klein („Der kleine Dings und das All“), der Jugendbuchautorin Christine Fehér („Body – Leben im falschen Körper“) und Carmen Winter („Oderbruch – Liebe auf den zweiten Blick“).

Auf Carmen Winter waren Maria und Leonie genauso wenig vorbereitet, wie auf die Wendungen, die die Frankfurter Schriftstellerin ihrer Geschichte gab: „Wir haben gedacht, wir mailen uns mit einem Mann, der Stil war irgendwie männlich“, erzählte Maria. Und überzeugend: Die Neuntklässlerin aus der Voltaire-Gesamtschule und ihre Klassenkameraden erhielten einen der beiden ersten Preise: 250 Euro – „zum Shoppen“, so Maria. Der zweite erste Preis ging an „Hexenfeuer“ von Nicole Greissel aus der 13. Klasse der Steuben-Gesamtschule und Lisa-Kristina aus der achten Klasse der Sportschule Friedrich Ludwig Jahn. Ausgewählt hat die besten Geschichten der Klassenstufen sieben bis neun und zehn bis 13 die fünfköpfige Jury. In ihr saßen die Journalistin Ellen Fehlow vom „Potsdam am Sonntag“, die Buchhändlerin Gabi Kühle und der Vorsitzende des Kulturausschusses Eberhard Kapuste. Der war so begeistert von den Storys, dass er Bibliotheksdirektorin Marion Mattekat prompt zur nächsten Ausschusssitzung einlud, um für eine Fortsetzung des Projekts zu werben. Das diesjährige wurde mit den 6000 Euro Stadtschreiber-Fördergeld finanziert, mit dem die Stadt ursprünglich den Schriftsteller Andreas Maier unterstützen wollte. „Eine schöne Idee“, sei das gemeinsame Schreiben gewesen, findet auch Carmen Winter: Auf acht verschiedene Storys und Stile musste sie sich einlassen. Und die Spannung, „was passiert im nächsten Teil?“ sei „unwahrscheinlich reizvoll“ gewesen. Auch für Maria und Leonie. Die fachsimpelten nach der Preisverleihung gleich mit ihrer Co-Autorin über das gemeinsame Werk. Auch über dessen neues Ende. Nachzulesen ist das im Februar in „Potsdam an Sonntag“, der die beiden Siegergeschichten abdruckt.

Juliane Wedemeyer

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