Winzerberg-Projekt in Potsdam: Endlich eine Aufgabe
Beim Winzerberg-Projekt in Potsdam helfen seit Juli auch Flüchtlinge. Samba Ceesay ist einer von ihnen.
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Potsdam - Es ist Montagnachmittag, am Potsdamer Winzerberg brennt die Sonne vom Himmel. Bei mehr als 30 Grad steht Samba Ceesay auf dem Dach eines Holzunterstandes und löst die alte Wellpappe vom Gebälk. Diese muss erneuert werden, um die empfindlichen Weinreben vor der Witterung zu schützen. Zum dritten Mal arbeiten Ceesay und sechs weitere Männer gemeinsam mit den Mitgliedern des Winzerberg-Vereins an der Gestaltung, Pflege und Begrünung des Winzerberges, der zum Potsdamer Weltkulturerbe gehört – und das mit großem Erfolg für alle Beteiligten.
Mit Holz- und Metallarbeit kennt Ceesay sich gut aus, denn in seiner Heimat, dem Tschad, baute er Häuser. Das ist lange her, denn aus seiner Heimat musste er fliehen, wie er erzählt. In Libyen fand Ceesay ein neues Zuhause. Er lebte und arbeitete dort, bis 2011 der Bürgerkrieg ausbrach und er erneut fliehen musste – diesmal nach Europa.
Ceesay: "Ich will lernen, ich will arbeiten und ich will schwitzen"
Seit 14 Monaten lebt Ceesay nun in Deutschland. Nun endlich hat der Mann aus dem Tschad eine Beschäftigung gefunden. Seit zwei Monaten arbeitet er gemeinsam mit 14 weiteren Geflüchteten in der Projektgruppe „Asylsuchende Vorbereitung auf dem Arbeitsmarkt“ – kurz: Avada. Der Internationale Bund, der auch viele Flüchtlingsunterkünfte in Potsdam betreibt, bietet ihm und 14 weiteren Geflüchteten die Möglichkeit, neben ihren Deutschkursen auch praktisch tätig zu werden. „Darüber bin ich sehr froh“, erklärt der 44-Jährige.
Die ersten Monate ohne soziale Kontakte und Arbeit waren sehr schwer für ihn. „Ich habe zwar Deutsch gelernt, doch ich hatte nie jemanden, mit dem ich die Sprache sprechen konnte“, erzählt er: „Ich hatte kein Ziel und nichts zu tun.“ Jetzt könne er sich entspannen, wenn er von der Arbeit nach Hause komme – „weil ich etwas Nützliches getan habe“, sagt er. Ceesay hat sich viel vorgenommen. Sein Ziel ist ein Praktikum: „Ich habe lange genug nichts getan. Ich will lernen, ich will arbeiten und ich will schwitzen.“
Vorbereitung auf die Arbeitswelt in Deutschland
Gruppenleiter Olaf Herzog hat einen breiten Sonnenhut auf, um sich vor der sengenden Hitze zu schützen, und bespricht mit den ehrenamtlichen Vereinsmitgliedern des Winzerberges e.V. die Trinkwasserversorgung der Arbeitenden. Heute wird der Durst wohl besonders groß sein.
Herzog erläutert die Ziele des Avada-Projektes: „Wir wollen den Asylsuchenden eine Vorbereitung auf die Arbeitswelt in Deutschland bieten“, sagt er: „Es geht darum, zu schauen, was jeder Einzelne gut kann, und auch Arbeitsweisen und Normen zu vermitteln, die man braucht, um in Deutschland eine Anstellung zu finden.“ Das große Ziel sei ein Praktikumsplatz, um dann letztendlich eine Ausbildung und einen Arbeitsplatz zu bekommen. „Der Bedarf an Arbeitskräften ist sehr groß“, meint Herzog. Er weiß auch, dass es mit handwerklichen Fähigkeiten nicht getan ist. „Das Wichtigste ist, dass die Asylsuchenden Deutsch lernen. Ohne ausreichende Sprachkenntnisse ist eine Vermittlung nicht möglich“, erklärt der Projektleiter.
Willkommene Hilfe für Winzerberg-Projekt
Alle Beteiligten wünschten sich eine Erleichterung des Einstieges für Flüchtlinge in den deutschen Arbeitsmarkt. „Das darf aber nicht übereilt geschehen, denn mit einer guten Betreuung können wir große Fortschritte erzielen.“ Nicht nur die Flüchtlinge profitieren von dem Winzerberg-Projekt, auch die Vereinsmitglieder sind von der tatkräftigen Unterstützung der Männer begeistert. Monika Lange zum Beispiel kümmert sich um die Begrünung des Winzerbergs und freut sich sehr über die Hilfe der sieben Männer. „Von unserer Seite aus kann das ewig so weitergehen. Wir haben noch viele Ideen “, erklärt sie und weist darauf hin, dass die Arbeit auf den Weinterrassen und somit auch die Hilfe von Ceesay und den anderen Geflüchteten noch lange nicht beendet ist.
Torben Lehning
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