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Landeshauptstadt: Engel, Glocken und ein Neuanstrich

Die St. Nikolaikirche wird für mehr als sechs Millionen Euro saniert, nun werden die Glocken gegossen

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Innenstadt - Die Dohlen an der St. Nikolaikirche sind umgezogen. Nun nistet das Paar, das schon einmal den Ablauf verzögert hatte, im einzigen noch unsanierten Turm des Schinkelbaus am Alten Markt. Der wird zwar gerade eingerüstet, aber der vierte und sanierungsbedürftigste Engel – er war im 2. Weltkrieg vom Dach gefallen – muss auch deswegen noch etwas auf seine Frischekur warten. Ab Juni, wenn die Brutzeit vorbei ist, soll der letzte verwetterte, 294 Zentimeter hohe Engel abgenommen werden.

Gestern, auf den Tag 63 Jahre nach der Bombennacht von Potsdam, schwebte der nach Nordwesten gerichtete Engel, an einem Kranarm hochgezogen, wieder an seinen Platz. Das Datum war nicht zufällig gewählt, denn am 14. April 1945 flog die Royal Air Force einen ihrer letzten schweren Bombenangriffe. Die Kirche St. Nikolai blieb davon weitgehend verschont, doch in den letzten Kriegstagen wurde sie unter Artilleriebeschuss zur Ruine – bis Ende des Jahres soll sie nun ihre frühere Farbgebung an der Fassade zurück erhalten. In roten, grünen und beigen Farbtönen wird die Fassade getüncht, erklärte Gemeindekirchenrat Joachim Uhlig gestern. Jedes Fassadenelement würde in einem der drei Töne schimmern. Es soll so aussehen, als seien es unterschiedliche Farbtöne von Sandstein. Der Gemeindekirchenrat habe sich dafür entschieden, auch original soll die Kirche so ausgesehen haben.

Die Arbeiten an der nach dem Krieg bis 1983 wieder aufgebauten Kirche befinden sich im letzten Drittel. Drei Engel sind saniert, das Kreuz in 78 Meter Höhe strahlt wieder golden auf die Stadt, der Tambour ist beinahe fertig und die neue Plattform für Besucher nimmt Form an. Sie ist als solche schon erkennbar, 1,25 Meter breit und in 42 Meter Höhe. Wer später zu ihr aufsteigen will, muss durch einen der Seitentürme aufs erste Dach und anschließend im Tambour klettern. Einbahnstraßenverkehr wird der Auf- und Abstieg, hieß es gestern. Und der Ausstieg sei so schmal, dass sich die Besucher bücken müssen. „Das ist nur etwas für demütige Leute“, sagte Uhlig schmunzelnd. Im Zuge der Restaurierung entsteht auch wieder der Palmettenkranz am Fuße der Kolonnaden. Die Kirche wirbt auf einem im Vorraum ausliegenden Flugblatt um „Palmetten-Patenschaften“ , das heißt um zahlungskräftige Spender. Die 86 Zentimeter hohen aus Kupfer getriebenen Teile, insgesamt 98 Stück, kosten pro Exemplar 1500 Euro. Sie erhalten auf der Rückseite die Namensinschrift des Spenders.

Dabei hat die Plattform neben ihrer Aussicht auf den künftigen Bauplatz des Landtagsschlosses eine wirklich wichtige Funktion. Die Einnahmen aus den Eintrittsgeldern sollen der Kirchgemeinde mit ihren etwa 2200 Mitgliedern helfen, den eigens für die Sanierung aufgenommen Kredit zu bewältigen – insgesamt zwei Millionen Euro. Denn auch die Baukosten für die seit Jahren andauernde Sanierung sind inzwischen von anfangs 5,2 auf nun mehr als sechs Millionen Euro geklettert. Uhlig sagte gestern, dass durch die neuerliche Förderung von 400 000 Euro durch den Bund zumindest der Eigenanteil nicht weiter angestiegen ist. Schon einmal hatte der Bund das Bauvorhaben mit 400 000 Euro gefördert, dazu kommen Spenden und Werbeeinnahmen aus der Vermietung des Tambour-Baugerüstes als Werbefläche. Die einst geplanten Gelder der Stiftung Deutscher Denkmalschutz sind jedoch nicht gekommen. Die wollte nur finanzieren, wenn das Baugerüst keine Werbeplane werde. Da neue Werbung angebracht ist, habe man keinen Förderantrag mehr gestellt, sagte Uhlig gestern.

Gespendet haben andere: Max Klaar beispielsweise und seine Stiftung Preußisches Kulturerbe. 100 000 Euro für die neuen Glocken sind zugesichert, nun sollen die Aufträge vergeben werden. Uhlig sagte gestern, in fünf Wochen werde das Tragwerk überprüft, danach der Auftrag für den Glockenguss ausgeschrieben. Er rechnet mit Kosten von etwa 140 000 Euro. Die vier Glocken sollen Inschriften erhalten – vielleicht zwei von den Originalglocken, die anderen sollen neue Sprüche erhalten. Dies werde mit Max Klaar abgesprochen, so Uhlig. Er geht davon aus, dass im September die Glocken gegossen werden, danach sollen sie noch einige Zeit im Kirchenschiff stehen, bevor sie in den vier Türmen angebracht werden.

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