MEINE Woche: Entladung
„Grüßt euch Potsdam, hier sind Widowmaker und das ist Rock´n´Roll!“ – ich liebe den verbalen Auftakt jeder Show, wenn wir unsere ersten beiden Songs gespielt haben, sich die angestaute Anspannung löst und in einen Rausch von fünfundvierzig Minuten übergeht.
Stand:
„Grüßt euch Potsdam, hier sind Widowmaker und das ist Rock´n´Roll!“ – ich liebe den verbalen Auftakt jeder Show, wenn wir unsere ersten beiden Songs gespielt haben, sich die angestaute Anspannung löst und in einen Rausch von fünfundvierzig Minuten übergeht.
Das Leben in einer Band ist in meiner Lebenswirklichkeit ein Kompensationsmittel, um geladenen Frust oder ganz persönliche Empfindungen zu reflektieren und auf der Bühne in einen energiegeladenen Urschrei zu verwandeln. Täglich werde ich mit moralischer Demenz, unkontrollierter geistiger Verarmung und mangelnder sozialer Verantwortung konfrontiert. Widowmaker dient mir also gleichermaßen als Fluchtpunkt vor der Welt da draußen und als Antwort auf so viele Fragen. Am kommenden Samstag habe ich die seltene Freude in Potsdam auftreten zu können. Der Club Charlotte wird sich, zumindest für ein paar Stunden, in eine Enklave voller Schweiß, Emotionen und Hardrock verwandeln und dem sonst eher tristen Rock-Dasein Potsdams ein Stück Lebensgefühl zurückbringen, was ich schon via Vermisstenanzeige vergeblich zu suchen begann. Wenn ich auf der Bühne stehe, wünsche ich mir vom Publikum verstanden zu werden. Wo es im Musikbusiness viel zu oft um Affektiertheit geht, glaube ich fest an die Dynamik und den Soul von Rock und die Möglichkeit, eine Botschaft zu transportieren, die ankommt und mich, die Band und die Menschen im Publikum für die Dauer des Moments in eine andere, wesentlich aufrichtigere Welt mitnimmt.
Jens Hertrich ist 27 Jahre und studiert an der Uni Potsdam.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: