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Landeshauptstadt: Entwarnung für Heiligen See

Experte: Regenwetter kein Heilmittel / Blaualge nur eingeschränkt gefährlich

Experte: Regenwetter kein Heilmittel / Blaualge nur eingeschränkt gefährlich Berliner Vorstadt – Ein „Umkippen“ des Heiligen Sees ist in diesem Sommer nicht zu erwarten. Das sagte Dr. Hartwig Vietinghoff vom Institut für angewandte Gewässerökologie in Seddin gestern den PNN. Ganz sicher gehen könne man allerdings nur, wenn man den See erneut – wie vor wenigen Jahren geschehen – untersucht. Damals, so Vietinghoff, habe man keinen akuten Sanierungsbedarf des Gewässers feststellen können. In den vergangenen Tagen hatten Pressemeldungen für Unruhe gesorgt, wonach der Heilige See – im Gegensatz zu früheren Jahren – von Blaualgen befallen sei. Regenwetter führe nicht, wie teilweise verbreitet, zum Absterben der Blaualgen, sondern verlangsame nur ihre Entwicklung, sagte Vietinghoff. Im Gegenteil: Durch die Starkregenfälle, die vermehrt auftreten, würden zusätzlich Stoffe in den See gewaschen, die nicht hineingehören. Dies kurbele die Algenproduktion sogar noch an. Dazu müsse man den Zusammenhang verstehen: Algen bilden sich, wenn Gewässer mit Nährstoffen angereichert werden u.a. auch durch Urin, Sonnenöl und Hautabrieb von Badenden. Darüber hinaus sind Düngestoffe und Abwässer algenfördernd. Problematisch werde es erst, wenn die Algen absterben. „Sie sinken auf den Grund und werden dort unter Sauerstoffverbrauch abgebaut, mineralisiert.“ Wird dabei wegen großer Algenmengen zu viel Sauerstoff verbraucht, dann droht die „rasante Eutrophierung“ – die im allgemeinen Sprachgebrauch oft „Umkippen“ genannt werde. Davon sei man aber in Potsdam noch weit entfernt. Und – so Vietinghoff – ein Badeverbot würde dies auch nicht verhindern. Was die Algen angehe, solle man realistisch bleiben. Nur einige Blaualgen, die zu den Bakterien gehören, entwickeln ein Konkurrenzverhalten, bei dem Gifte freigesetzt werden, um sich gegen andere Algen zu wehren. Ernste Schäden bei Menschen seien in unseren Breiten eher selten. „Niemand wird das Wasser gleich literweise trinken.“ Die Hautunverträglichkeit könne man in etwa vergleichen mit Reaktionen, die manche Menschen in gechlorten Schwimmbädern hätten. „Wer das weiß, der geht dort eben nicht baden.“ Was die in Pressemitteilungen verbreitete „organische Anreicherung des Wassers“ angehe, gebe es statistische Erfahrungen: Auf einen Badenden kommen in Schwimmbädern – mit sanitären Anlagen – 50 Milliliter Urin pro Tag. Am Heiligen See ohne WCs dürfte es entsprechend mehr sein. Bei großen Seen und fließenden Gewässern falle dies allerdings kaum ins Gewicht. Als Phänomen bezeichnete Hartwig Vietinghoff die Tatsache, dass in diesem Jahr mehr Probleme bei einzelnen Gewässern festgestellt würden als im vergangenen mit dem „Jahrtausendsommer“. Die Ursache dafür sein noch nicht klar. Der Heilige See in Potsdam aber sei sicher nicht mehr gefährdet als in den Jahren zuvor.Detlef Gottschling

Detlef Gottschling

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