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Links und rechts der Langen Brücke: Epochal

Michael Erbach spricht sich schweren Herzens für die Auslegung des B-Plans für den neuen Landtag aus und plädiert für eine namentliche Abstimmung

Stand:

Es klingt schizophren: Während in Berlin der Wiederaufbau des Stadtschlosses behindert wird, weil der Senat nicht bereit ist dafür Geld zu geben, droht die Wiedergewinnung der Potsdamer Mitte zu scheitern – obwohl das Land bereit ist, bis zu 100 Millionen Euro dafür zur Verfügung zu stellen. Sicher, das Vorgehen des Landes und der von Finanzminister Rainer Speer aufgebaute öffentliche Druck sind wahrlich erpresserisch. Und auch die Stadtverwaltung hat nicht mit offenen Karten gespielt, sondern die Planungen voran getrieben und Millionen für bauvorbereitende Maßnahmen ausgegeben – obwohl den Verantwortlichen schon lange klar war, dass der Traum vieler Potsdamer vom originalgetreuen Wiederaufbau des Stadtschlosses längst ausgeträumt war. Zunächst musste sich die Stadt davon verabschieden, dass die Fassade in der alten Pracht wiedererrichtet wird – weil dies keineswegs zu finanzieren war. Mit Bekanntwerden des von der Verwaltung und in Absprache mit dem Bauherrn Land erarbeiteten Planentwurfs stellte sich heraus, dass das Land auch abweichend von der Kubatur des früheren Schlosses bauen kann. Und es darf davon ausgegangen werden, dass dieser Zugriff durch die beauftragten Planungsbüros erfolgt. Denn je mehr sich die Gestaltung des Landtagsneubaus der Gestalt des früheren Stadtschlosses nähert, desto teurer wird der Bau angeblich. Und welcher Planer will schon einen Entwurf vorlegen, der – weil teurer als der Gegenentwurf – schon aus finanziellen Gründen durchfällt. Doch muss zwangsläufig am Ende ein hässlicher Zweckbau die größte Lücke in der Stadtmitte füllen? Nein. Zwar wird Potsdam sein Stadtschloss nicht wiederbekommen – das ist bitter genug. Doch schlimmer noch wäre es, wenn die Lücke bliebe. Architekten und Planer sind jetzt gefordert einen Landtag zu entwerfen, der historische und moderne Elemente der Architektur miteinander verbindet, der heutigen Standards entspricht, funktional ist und den Kostenrahmen nicht sprengt. Was für eine großartige Herausforderung. Dabei könnte – im Rahmen der ja noch immer bestehenden Vorgaben – viel mehr herauskommen als nur die berühmte Taube auf dem Dach, zumal der Alte Markt wenn auch nicht baulich und architektonisch, so doch wenigstens räumlich wieder jener Platz werden kann, der einst so berühmt war. Man darf auch davon ausgehen, dass sich der Bauherr seiner Verantwortung für das Herz der Stadt bewusst ist. Wer will sich schon an dieser Stelle blamieren. Vielleicht können ja die Mitwirkungsmöglichkeiten der Stadt in den kommenden Tagen noch verbessert werden. Doch dafür, dass diese vorerst letzte Möglichkeit zum sinnvollen Lückenschluss auf dem Alten Markt beim Schopfe gepackt werden kann, muss sich – bei aller Enttäuschung, aller Wehmut und aller berechtigter Verärgerung – am 14. November eine Mehrheit der Stadtverordneten finden. Und zwar in namentlicher Abstimmung – denn es geht um eine Entscheidung von epochaler Bedeutung für die Stadt.

Michael Erbach

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