Aus dem GERICHTSSAAL: „Er hatte eine Todesliste!“ 63-Jähriger drohte, seinen Sohn zu erschießen
Am 30. April soll Bernhard B.
Stand:
Am 30. April soll Bernhard B.* (63) seiner Tochter am Telefon angekündigt haben, er werde zehn Personen, darunter auch ihren Bruder und sich selbst, erschießen. Nur eineinhalb Monate später wurde der Erwerbsunfähigkeits-Rentner per Strafbefehl wegen Bedrohung mit einem Verbrechen zu einer Geldstrafe von 300 Euro verurteilt. Dagegen legte der zu DDR-Zeiten in gehobenen Potsdamer Hotels Tätige Einspruch ein. Sein Ziel war ein Freispruch. Während der gestrigen Gerichtsverhandlung, in der Bernhard B. die Möglichkeit hatte, seine Sicht der Dinge darzustellen, schwieg er jedoch. Nach der belastenden Aussage der Tochter erklärte sein Verteidiger: „Wir nehmen den Einspruch gegen den Strafbefehl zurück.“
Sichtlich erschüttert erzählte Bianca B.* (28) im Zeugenstand, ihr Vater habe die Familie bereits im Jahr 1988 mit einer Waffe bedroht. Damals war sie sieben Jahre alt. Bald darauf wurde die Ehe der Eltern geschieden. Die Kinder blieben bei der Mutter, gehen längst eigene Wege. „Mein Vater hat mich ja nicht nur an diesem 30. April angerufen. Das ging tagelang. Er schien sehr verzweifelt, und anfangs dachte ich auch, er sei nicht ganz nüchtern“, schilderte Bianca B. „Er sagte, er kommt mit seiner Situation nicht mehr klar. Er kann nicht mehr schlafen und hat seine Medikamente abgesetzt. Es ging auch um finanzielle Sachen, aber da hat er sich sehr verworren ausgedrückt.“ Sie habe versucht, ihn zu beruhigen, ihm geraten, etwas zu essen und sich dann hinzulegen, so die Zeugin. Am Nachmittag des 30. April – ein paar Tage zuvor seien sie noch gemeinsam spazieren gegangen – habe Bernhard B. versichert, ihm sei alles egal, er sähe keinen Ausweg mehr. „Er behauptete, er hat eine Todesliste. Da kriegt man es schon mit der Angst zu tun.“ Um sich habe sie keine Sorge gehabt, wohl aber um ihren Bruder und den Vater, erklärte die junge Frau. „Er hat ja nicht nur bei mir angerufen, sondern auch bei der Seelsorge, bei seinem Hausarzt und seinem Psychologen. Das waren Hilferufe, glaube ich. Mir war gar nicht bewusst, wieso er solche Probleme hatte.“ Ihr Vater habe sich später freiwillig in eine psychiatrische Klinik begeben. „Ich denke, inzwischen ist er auf einem guten Weg“, schätzte Bianca B. ein. „Er hat jetzt eine Betreuerin, die ihm bei Behördenangelegenheiten hilft und die vor allem Ansprechpartnerin für ihn ist.“
„Wie ist eigentlich Ihr Verhältnis zu Ihrer Tochter“, fragte die Amtsrichterin den bislang Unbescholtenen. Bernhard B. – gepflegter grauer Bart, gut sitzender Anzug – entgegnete: „Gut. Wir besuchen uns regelmäßig.“ Und auch Bianca B., deren Anzeige den Vater schließlich auf die Anklagebank brachte, scheint die schlimmsten Ängste überstanden zu haben. (*Namen geändert.) Hoga
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