Landeshauptstadt: Ermyas-Prozess: Zeuge belastet „Piepsi“
Nachbar von Björn L. will Stimme auf Mobilbox „hundertprozentig“ wiedererkannt haben
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Im Prozess zum gewaltsamen Angriff auf den Deutsch-Äthiopier Ermyas M. hat ein Zeuge den Angeklagten Björn L. belastet. Als er kurz nach der Tat im Radio die Stimmen auf der Mobilbox der Frau von M. gehört und später im Fernsehen den festgenommenen Björn L. gesehen habe, „war ich mir hundertprozentig sicher“, sagte der Zeuge gestern im Potsdamer Landgericht.
Der Zeuge kannte Björn L. als Nachbarn in Wilhelmshorst und hatte ihn noch am Tag vor dessen Festnahme im April 2006 kurz gesehen. Die Staatsanwaltschaft glaubt, die Stimme von Björn L. sei auf der Mobilbox der Frau von Ermyas M. zu hören. Die Mobilbox lief weiter, nachdem Ermyas M. in der Nacht zum 16. April 2006 seine Frau angerufen und offenbar vergessen hatte, das Handy auszustellen. Auf dem Band sind außer Ermyas M. Männer zu vernehmen, die Sprüche wie „Scheiß Nigger“ von sich geben.
Björn L. sei der einzige Mensch, „den ich mit der Stimme kenne“, sagte der Zeuge. Der Angeklagte wird, wie berichtet, von seinen Freunden „Piepsi“ genannt, weil die Tonlage seiner Stimme ziemlich hoch ist. Björn L. bestreitet allerdings genauso wie der Mitangeklagte Thomas M., etwas mit der Tat zu tun zu haben.
Ein früherer Verteidiger von L. hatte im vergangenen Jahr behauptet, L. sei im April 2006 wegen einer Erkrankung heiser gewesen. Auch in diesem Punkt hat der Zeuge eine andere Erinnerung. Als er Björn L. wenige Tage vor der Tat in der Nacht zu Ostersonntag kurz sprach, habe die Stimme wie immer geklungen. Der Zeuge betonte, er sei als ehemaliger Angehöriger des militärischen Begleitschutzkommandos des früheren Bundeskanzlers Helmut Kohl auf die Wiedererkennung von Menschen geschult worden.
Das nachbarschaftliche Verhältnis zwischen Björn L., dem Zeugen und dessen Frau war zumindest zeitweise gespannt. Es habe früher mehrmals heftige Auseinandersetzungen mit Björn L. gegeben, sagte der Zeuge.
Mehrere Häftlinge, die ebenfalls als Zeugen geladen waren, präsentierten entweder eine schwache Erinnerung oder konnten sich nicht vorstellen, dass Björn L. der Mann gewesen sein könnte, der Ermyas M. den lebensgefährlichen Faustschlag versetzt hatte. Der Vorsitzende Richter der 4. Strafkammer, Michael Thies, fragte vor allem nach einem Spruch, den Björn L. in der Justizvollzugsanstalt Wulkow von sich gegeben haben soll. Ein ehemaliger Mithäftling hatte der Polizei berichtet, L. habe geäußert, „hätte ich mal richtig zugeschlagen, dann hätte ich jetzt nicht solche Probleme“. Der Mithäftling hatte sich allerdings in der vergangenen Woche vor Gericht geweigert, auszusagen. Frank Jansen
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