Von Thomas Gantz: Ernsthaftigkeit trotz Feierlaune
VfL-Handballer verabschieden sich am Samstag mit einem Heimspiel gegen Cottbus aus der Saison
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Es gibt Bilder, die man nicht so schnell vergisst. Vor fast genau drei Jahren feierte der 1. VfL Potsdam schon einmal einen Aufstieg in die 2. Handball-Bundesliga. Der Titelgewinn kam damals spät und unter glücklichen Umständen zustande. Die Feier danach hatte etwas Enthemmtes an sich. Insbesondere Göran Böhm und Enrico Bolduan wirkten am Abend des 29. April 2006 als Spieler rundum glücklich und taten sich mit freiem Oberkörper als sangesfreudige und nimmermüde Partylöwen hervor.
Beiden bietet sich am kommenden Samstag wieder Gelegenheit, einen Bundesliga-Aufstieg des VfL zu würdigen. Ihr Anteil an der Rückkehr der Potsdamer in die zweithöchste Spielklasse des deutschen Männerhandballs ist unterschiedlicher Art. Während sich Göran Böhm, jahrelang stabilisierendes Element der VfL-Abwehr und seit einem Jahr nicht mehr aktiv am Ball, mit erheblichem Zeitaufwand um organisatorische Dinge kümmerte, ist Enrico Bolduan mittlerweile durchaus so etwas wie das spielende Gewissen des Vereins. Der 27-jährige Rückraumspieler trug mit insgesamt 123 Toren zum zeitigen Gewinn des Meistertitels bei und wird künftig also wieder das von ihm hoch geschätzte Emblem der Handball-Bundesliga am Trikotärmel tragen.
Wenn sich die Potsdamer nach ihrem abschließenden Heimspiel am kommenden Samstag gegen den LHC Cottbus (19 Uhr) ihren dreißigsten Saisonsieg erspielt haben werden, wird es ausgelassen hergehen. Seit Monaten schon war absehbar, wohin die Reise geht. Gut möglich, dass es deshalb beim Standardprogramm aus Freibier und Gegrilltem etwas weniger spontan und heftig zugeht. Zumal unklar ist, ob an diesem Abend nicht doch noch ein Sittengemälde von Freud und Leid zu erleben sein wird. Die Gäste aus der Lausitz zählen erst einmal nicht zu den drei mittlerweile feststehenden Absteigern (HG Norderstedt, HSG Hohn/Elsdorf, SV 63 Brandenburg West), könnten jedoch unter Umständen noch in die Verlegenheit kommen, eine Klassenerhalts-Relegation spielen zu müssen. Abhängig ist dies vom Ausgang der Partie zwischen dem HSV Insel Usedom und dem SV Fortuna Neubrandenburg, der im wohl wenig wahrscheinlichen Fall eines Sieges auf der Ostseeinsel den LHC Cottbus in der Tabelle noch überholen würde.
Zum Ausgang der Partie in Potsdam stellte VfL-Trainer Peter Melzer gestern klar, dass vom VfL in drei Tagen keinerlei sportliche Geschenke in der Verteilung befindlich sein werden. „Niemand würde verstehen, wenn die Cottbuser hier punkten könnten“, sagte Melzer, der sich als Trainerpersönlichkeit für diesen unwahrscheinlichen Fall gar mit einem Imageproblem konfrontiert sehen würde. Melzer geht fest davon aus, dass der LHC Cottbus den Regionalligaverbleib in der Tasche hat und hinterher gemeinsam gefeiert werden kann. Dabei dürfte es viel zu erzählen geben, war der VfL-Trainer doch insgesamt 21 Jahre an der Cottbuser Sportschule als Lehrertrainer tätig. „Dafür, dass meine Zeit dort vor drei Jahren unter unschönen Umständen endete, können die Spieler nichts. Im Prinzip ist es so, dass ich fast alle Jungs des aktuellen LHC-Aufgebotes noch aus der gemeinsamen Trainingsarbeit im Nachwuchsbereich kenne. Da bleibt eine Menge hängen. Mir täte es sehr leid, wenn die Truppe doch noch in die Oberliga runter müsste“, bemerkte Melzer, der vor Weihnachten beim von den Potsdamern in der Lausitzarena mit 28:22 gewonnenen Hinspiel eine gemeinsame Saisonabschlussfeier angeregt hatte.
Fest steht mittlerweile, dass beim VfL mit Blick auf die 2. Bundesliga den Sommer über durchtrainiert wird. Jeder Spieler kann jedoch individuell drei Wochen Urlaub nehmen.
Thomas Gantz
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