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Landeshauptstadt: Ernüchternde Bilanz

Integrationsbericht zeigt deutliche Unterschiede zwischen Deutschen und Ausländern in Potsdam

Stand:

In Potsdam lebende Ausländer beziehen im Vergleich zur deutschen Bevölkerung der Landeshauptstadt mehr als dreimal so häufig Hartz IV-Leistungen. 10,1 Prozent sind es bei den Einheimischen, 34,2 Prozent bei den Menschen ohne deutschen Pass. Die Tendenz ist seit 2007 unverändert. Das ist ein Ergebnis des ersten Integrationsberichts der Stadtverwaltung, der gestern vorgestellt wurde. Das knapp 40 Seiten starke Papier ist der erste umfassende Überblick über das Leben der knapp 6600 Ausländer in Potsdam, die einen Anteil von 4,3 Prozent an der Gesamtbevölkerung ausmachen. „Wir werden jetzt jedes Jahr so einen Bericht anfertigen, um Erfolg oder Misserfolg unserer Integrationspolitik messen zu können – auch im Vergleich zu anderen Städten“, sagte Martina Trauth-Koschnik vom zuständigen Büro für Chancengleichheit.

Der erste Bericht fällt in vielen Punkten ernüchternd aus. So schaffen in Potsdam aktuell 65,2 Prozent der deutschen Schulabgänger die Hochschulreife – aber nur 35,1 Prozent der Ausländer. Zugleich bleiben 10,8 Prozent der Migranten ohne Schulabschluss – bei deutschen Schulabgängern liegt dieser Wert bei 4,3 Prozent. „Mich haben diese Unterschiede überrascht“, sagte Ausländerbeauftragte Magdolna Grasnick. Gerade Menschen aus Osteuropa, mit 33 Prozent die größte in Potsdam lebende Gruppe nicht deutscher Herkunft, seien eigentlich für Lernanstrengungen im Unterricht bekannt.

Ein weiteres Problem ist die Integration der Ausländer in den Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosenquote bei der deutschen Bevölkerung in Potsdam lag im vergangenen Jahr im Schnitt bei 6,3 Prozent, bei den Ausländern dagegen bei 11,7 Prozent. Zusätzlich zeige sich am statistisch ausgewiesenen hohen Anteil von Hartz IV-Beziehern unter den Migranten, dass viele Ausländer auch mit einem Job nur so wenig Geld verdienten, dass sie Sozialleistungen beziehen müssten, so Trauth-Koschnik. Ein Grund dafür seien die in Deutschland noch ungenügenden Regelungen für die Anerkennung von Abschlüssen aus anderen Ländern. Ein weiteres Problemfeld ist das Thema Altersarmut: 79,2 Prozent der älteren Ausländer in Potsdam müssen Grundsicherung beziehen. Bei den Deutschen sind es bloß 1,4 Prozent. „Auch dadurch wird der Integrationsprozess erheblich beschwert“, heißt es in dem Bericht.

Bei der Kriminalitätsrate gibt es in Potsdam ebenso Unterschiede zwischen Deutschen und Ausländern. Die Studie beschäftigt sich dabei nur mit Diebstahlsdelikten. Dabei wurden 2009 1228 deutsche und 247 ausländische Tatverdächtige registriert. Die daraus von der Stadt berechnete Tatverdächtigenbelastungszahl, sie wird auf 100 000 Einwohner im Alter ab acht Jahren hochgerechnet, liegt dabei für Deutsche bei 920 – für die ausländische Bevölkerung aber bei 3152. Ähnlich sind die Verhältnisse im Bereich Gewaltkriminalität verteilt, wie gestern eine Anfrage der PNN ergab. Demnach registrierte die Potsdamer Polizei im vergangenen Jahr 302 deutsche und 50 nicht deutsche Tatverdächtige. „Versagt Integration, bauen sich Spannungen auf, es kommt zu Konflikten“, heißt es im Integrationsbericht.

Und noch eine Feststellung ist aus Sicht der Stadtverwaltung unbefriedigend: Die politische Teilhabe der in Potsdam lebenden Ausländer sei noch sehr gering ausgeprägt. So besaßen im Kommunalwahlkampf 2008 nur 0,6 aller Kandidaten einen Migrationshintergrund. Und nur 0,7 Prozent der kommunalen Beschäftigten sind Ausländer. Trauth-Koschnik sagte zu diesen Zahlen: „Hier besteht noch großer Förderbedarf.“ Im nächsten Integrationsbericht sollen zusätzlich die Sprachfähigkeiten von Ausländerkindern im Kita-Alter untersucht werden. HK

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