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Landeshauptstadt: Eros in allen Dingen

Ein Tag Design-Dozent / Von Michael Erbach

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Ein „intensiver Arbeitstag in ungewohnter Atmosphäre“ war mir versprochen worden – als mir das straff durchorganisierte Programm für meinen Arbeits-Tag an der Fachhochschule Potsdam bekannt gegeben wurde, hatte ich auch keinen Zweifel mehr daran. Und der „Perspektivwechsel“ lohnte sich. Der allererste Eindruck: Kreative Ruhe. Gewollte Langsamkeit. Ja, das ist wirklich ein Vorteil an einer Fachhochschule: Es muss – anders als bei einer Tageszeitung – nicht alles an einem Tag zu Ende gebracht werden. Dabei führte mein Erscheinen auf dem Campus im Bornstedter Feld durchaus zu einigem Aufwand: Begrüßung durch den Rektor, ausführlicher Rundgang über den Campus, 13 Uhr Mittagessen, drei Kaffeepausen. Ein klar strukturierter Tag – so etwas gibt es nicht bei den hektischen PNN.

Aber es wurde auch richtig hart gearbeitet. Von wegen nur ein bisschen Zuschauen bei Lehrveranstaltungen – wer mit Prof. Rainer Funke die Position wechselt, der wird gefordert. Zu den Stationen des gestrigen „Perspektivwechsels“ gehörte zuerst eine Lehrveranstaltung Designmanagement. Dabei hatte ich eigentlich die Aufgabe, in einem 20-minütigen Vortrag über die „Positionierung der Marke PNN“ zu berichten. Daraus wurden gleich eineinhalb Stunden – auch deswegen, weil die Studenten so interessiert daran waren, etwas über zielgruppenorientiertes Zeitungs-Design zu erfahren. Ganz neu für mich: 90 Minuten am Stück sitzen mit voller Konzentration. Das strengt mehr an, als ich dachte.

Dann musste ich das designtheoretische Seminar „Eros in allen Dingen – Designkritik“ leiten – alleine! Immerhin bin ich kein Lehrertyp, schon gar kein Theoretiker. Und ich hatte auch keine Ahnung, wie die Studenten auf ihren neuen „Seminarleiter“ reagieren würden. Aber sie waren nett zu mir. Und ich weiß jetzt auch, dass die Ausstrahlung – der Eros – von Dingen kein Zufall ist. Denn Produkte haben utilitäre Funktionen (Nützlichkeit), kommunikative Funktionen (Austausch von Botschaften) oder auch ästhetische Relationen (sinnliche Wahrnehmung und emotionale Bewertung). Lehre: Wenn diese theoretischen Grundlagen gezielt in der Praxis angewendet werden, könnte auch eine Tageszeitung noch mehr zum „Eros“ werden. Interessant, welch unterschiedliche Produkte auf „meine“ Studenten wirkten: Und mit welchen interessanten theoretischen Begründungen sie ihre Wahl verteidigten.

Wie zielorientiert das Stundentenleben am Ende doch ist, war am Schluss des Tages zu spüren, als Plakatentwürfe und Varianten der Raumgestaltung für eine geplante Ausstellung präsentiert wurden. Toll, mit welchem Ideenreichtum die jungen Leute ihre Werk schufen. Produkte einer kreativen Atmosphäre, in der aus der Ruhe des Campus und mit Hilfe modernster Lehrmittel- und methoden Zukunftsfähiges geschaffen wird. Wahrlich: Ein Tag mit Eros in allen Dingen.

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