Landeshauptstadt: Erst „lösbar“, dann verboten
Seeoper: Stadt wechselte offenbar die Seiten
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Hermannswerder - Im Konflikt um die auf Hermannswerder geplanten Seefestspiele, die an den Berliner Wannsee abgewandert sind, hat die Potsdamer Verwaltung offenbar mitten im Verfahren die Seiten gewechselt. Das geht aus Protokollen hervor, die den PNN vorliegen. So waren sich nach einer Besprechung am 18. November 2010 unter Leitung der Beigeordneten Elona Müller-Preinesberger (parteilos) alle Beteiligten einig, dass der Freiluft-Oper auf dem Templiner See am Ufer der Insel Hermannswerder grundsätzlich nichts entgegenstehe. Zwar müssten Verkehrskonzept, Baumfällungen, Schilfgürtel-Beschnitt und Lärmprognose noch verbessert und diskutiert werden, heißt es im Protokoll, doch alle „Sollbruchstellen“ wurden als „lösbar“ bezeichnet.
An der Besprechung nahm auch der Arbeitsgruppenleiter Untere Wasserbehörde/Untere Naturschutzbehörde, Glenn Jankowski, teil. Während er laut Protokoll Ende November keine Unvereinbarkeit der Seefestspiele mit dem Naturschutz sah, änderte sich dies knapp einen Monat später radikal. In einer Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 18. Dezember 2010 heißt es, es sei „erkennbar, dass das beabsichtigte Vorhaben den für den Standort geltenden unterschiedlichen naturschutzrechtlichen Verbotsvorschriften entgegensteht“. Die Seefestspiele würden mit einer Reihe von Naturschutzvorschriften kollidieren. Damit würde das Vorhaben „zu einer erheblichen Beeinträchtigung“ des Naturhaushaltes und des Landschaftsbildes“ führen.
Diese neue Einschätzung hatte die Beigeordnete Müller-Preinesberger bis zuletzt als Auflistung von Punkten, die zu beachten seien, eingestuft. Ganz offensichtlich leistete die Mitte Februar öffentlich gewordene Stellungnahme jedoch den Bürgern und Verbänden Vorschub, die das Seefestival-Projekt als Frevel an der Natur kritisierten. Die Stadtspitze konnte die Bedenken ihrer Behörde, einmal publik, dann nicht mehr ausräumen.
Für den Veranstalter der Seefestspiele, die Deutschen Entertainment AG (Deag), hat die Potsdamer Verwaltung mit dieser Episode offensichtlich ihre Verlässlichkeit verloren. Er sei über die „scheinbar entgegengesetzte Stellungnahme“ entsetzt gewesen, so Seefestspiele-Intendant und Geschäftsführer Christoph Dammann. Der Veranstalter sei dafür kritisiert worden, dass er sein Projekt früh der Presse vorgestellt und den Kartenvorverkauf gestartet habe. Dabei habe man sich aber auf die schriftliche Aussage der Stadt verlassen, dass „auch im Bereich Naturschutz keine Sollbruchstellen erkennbar seien, die gegen eine grundsätzliche Genehmigung“ sprächen, sagte Dammann. Deag-Chef Peter Schwenkow hatte den Umzug der Seeoper nach Berlin vor allem mit der „mangelnden politischen Unterstützung“ in Potsdam begründet. SCH
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