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Von Jan Brunzlow: Erstaunen über Entscheidung zu Uferweg-Verkäufen Jakobs lässt temporäre Stege prüfen / Groß Glienicker See: Enteignungsverfahren ab Sommer?

Babelsberg - Der Zettel wurde Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) ans Rednerpult gereicht. Gerade sprach er über den Verkauf der Ufergrundstücke am Griebnitzsee, als die Nachricht aus dem Finanzausschuss des Bundestages eintraf.

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Babelsberg - Der Zettel wurde Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) ans Rednerpult gereicht. Gerade sprach er über den Verkauf der Ufergrundstücke am Griebnitzsee, als die Nachricht aus dem Finanzausschuss des Bundestages eintraf. „Verkauf gestoppt“, war die Erstinformation. Just nach dem Augenblick, als Jakobs darüber referiert hatte, wie wichtig dieser Verkauf für das Vorhaben sei. Nachdem er den Verkauf als „den entscheidenden Schritt“ hin zu einem freien Uferweg bezeichnet hatte. Es herrschte Stille im Rathaussaal. Kurze Zeit später kam die Meldung, der Haushaltsausschuss hat den Verkauf zur Kenntnis genommen, will aber abschließend über den unterschriebenen Kaufvertrag entscheiden.

Die Meldungen blieben lange verworren, Jakobs ließ sich mehrfach berichten und die eigenen SPD-Bundestagsabgeordneten anrufen. Danach trat er erneut ans Mikrofon und sagte: „Zur Hälfte haben wir ihn.“ Auch wenn er das Vorgehen der Bundestagsabgeordneten nicht nachvollziehen könne. Es war eine Episode, bevor die Stadtverordneten am Mittwochabend beschlossen, den Bebauungsplanentwurf öffentlich auszulegen. Jakobs erklärte den Stadtverordneten, das folgende Prozedere am Griebnitzsee werde dem am Groß Glienicker See ähneln. Zur Durchsetzung des öffentlichen und freien Uferwegs entlang des Sees werde die Stadt den Grundstückseigentümern in den nächsten Wochen Kaufangebote zuschicken und danach weitere Schritte einleiten. Ergibt sich daraus kein Kaufvertrag, könnten die Stadtverordneten „noch vor der Sommerpause die ersten Beschlussvorlagen für Enteignungsverfahren auf dem Tisch haben“, sagte Jakobs.

So schnell wird es am Griebnitzsee nicht gehen. Denn nach der Unterschrift unter dem Kaufvertrag für die 51 Grundstücke mit 31 700 Quadratmeter Uferfläche will der Haushaltsausschuss des Bundestages zustimmen und auch die Potsdamer Stadtverordneten müssen dem Vertrag ihren Segen geben. Jakobs zeigte sich dennoch zufrieden damit, dass die Verträge nun unterschrieben werden können. „Es ist der wohl entscheidendste Schritt zu einem öffentlichen Uferweg“, sagte er. Wäre die Stadt leer ausgegangen und hätte der Bund als Eigentümer an die Privaten Bieter verkauft, wäre das gesamte Projekt freier Uferweg in Gefahr gewesen. „Dann hätten wir uns sorgsam überlegen müssen, ob wir den Plan weiter verfolgen“, so Jakobs. Seine Freude verband er vor den Stadtverordneten mit einem Appell an die Eigentümer, die den ehemaligen Kolonnenweg der DDR-Grenzer geschlossen haben: „Wir sind immer zu Gesprächen bereit“, sagte er. Überlegt werde nun laut Jakobs auch, ob die Idee einer Stiftung für den Ankauf der Uferflächen jetzt umgesetzt werden könne.

Oppositionsführer Hans-Jürgen Scharfenberg (Linke) bezeichnete die Entwicklung als erfreulich. Er möchte geprüft haben, ob die Stadt eine Ponton-Brücke an den Sperrern vorbei errichten kann. Jakobs sagte, derzeit werde geprüft, ob dies mit dem Bebauungsplan vereinbar sei. Wenn nicht, werde die Idee nicht weiter verfolgt.

Seit Jahren tobt am Ufer des Griebnitzsees ein Streit um den öffentlichen Weg. Zahlreiche Bürger sowie die Stadt wollen einen frei zugänglichen Uferweg, während sich mehrere Anwohner dagegen sträuben und Sperren errichteten. Der Bund besitzt noch zahlreiche Grundstücke am Seeufer, die er nun verkaufen will. Nachdem die Stadt einen Vertrag bis zur Unterschriftsreife ausgehandelt hatte, wurde aufgrund neuer, konkurrierender Angebote ein Bieterverfahren gestartet. Darüber sollte am Mittwoch abschließend entschieden werden. Laut der Vorlage haben die Anrainer insgesamt rund 3,82 Millionen Euro, die Stadt rund 3,26 Millionen Euro geboten. Das Angebot der Stadt sei aber dennoch „wirtschaftlicher“, da Potsdam zusätzlich einen sogenannten Besserungsschein angeboten habe. Das bedeutet, dass die Stadt der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima), die die Grundstücke ausgeschrieben hatte, 80 Prozent möglicher Einnahmen bei einem Weiterverkauf von Flächen zahlen würde. Die Bima habe damit die Chance auf Mehreinnahmen von 626 000 Euro, heißt es in dem Papier. Denn Jakobs hatte selbst erklärt, mit dem überarbeiteten Bebauungsplan, der nun ausgelegt wird, würden nicht mehr sämtliche Flächen benötigt. Die für den Weg nicht erforderlichen Bereiche wolle die Stadt später selbst zum Verkauf ausschreiben.

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