
© Benjamin Feller
Sport: Erstaunliche Reife
Der Werderaner FC besteht auch gegen den auswärtsstarken SV Victoria Seelow und gibt beim 2:2 eine äußerst disziplinierte Vorstellung ab
Stand:
Die Kirche auf der Werderaner Insel machte ihren Job als Souffleuse gut, als ihr Glockenspiel um 17 Uhr bis auf den Arno-Franz-Sportplatz hinüberschallte. Der Werderaner FC hatte gerade ein 2:2 (1:0) gegen den SV Victoria Seelow geschafft, der nicht unbedingt zu den Lieblingsgegner des Brandenburgligisten gehört: Die letzten drei Spiele hat Werder gegen Seelow verloren, zuletzt mit 0:7. Daher zeigte sich Trainer Thomas Leek mit dem Punktgewinn zufrieden, auch wenn ein Sieg durchaus möglich gewesen wäre, der zugleich die Verteidigung der Tabellenführung bedeutet hätte. „Aber wir müssen die Kirche auch im Dorf lassen“, sagte Leek.
Dass Seelow zu den Spitzenteams der Liga gehört – die Vorsaison beendeten die Märkisch-Oderländer als Dritte – war in den ersten 15 Minuten deutlich zu sehen. Hohes Tempo, aggressiv in den Zweikämpfen und zielstrebig Richtung Werder-Tor agierten die Gäste. Doch ließen die Hausherren nicht viel zu, denn sie nahmen die Zweikämpfen an und waren gut organisiert. „Kompakt bleiben!“, lautete Leeks Mahnung immer wieder – insgesamt zehnmal war diese Forderung von der Seitenlinie zu hören. Und seine Elf machte die Räume eng, bot den Seelowern zunehmend wenig Platz zur Entfaltung und erarbeitete sich selbst mehr Ballbesitz. Strafraumszenen gab es nicht viele im ersten Durchgang, doch nutzte Werder eine der wenigen Möglichkeiten in der 21. Minute. Es war nicht wirklich eine Chance, als Rico Eichstädt sich an der Strafraumgrenze gegen zwei Seelower durchsetzte, dem etwas versprungenen Ball noch nachsetzte und abzog: Seelows Keeper Rafal Lopusiewicz machte bei dem nicht sonderlich platzierten Schuss keine gute Figur, doch das Glück gehörte in dem Moment dem Tüchtigen – dem über 90 Minuten sehr engagierten Eichstädt.
Seelow antwortete wütend, aber wenig konstruktiv, kassierte eine gelbe Karte für Rick Drews und hatte in der 29. Minute Glück, als ein fälliger Elfmeter-Pfiff ausblieb, nachdem Eichstädt im Strafraum zu Fall gebracht wurde.
Sahen die 200 Zuschauer bereits in der ersten Halbzeit ein intensiv geführtes Spiel, sollten sie nach der Pause noch eine Steigerung geliefert bekommen. Die Fouls nahmen zu – Schiedsrichter Pascal Reisner sollte am Ende insgesamt auf beiden Seiten je drei Gelbe Karten verteilt und den Seelower Robert Budzalek wegen Unsportlichkeit vom Platz gestellt haben. Ebenso wuchs der Druck auf das Tor der Gastgeber. In der 56. Minute landete nach einer missglückten Kopfball-Abwehr das Leder direkt vor den Füßen von Seelows Nabiel Nasser, der von der Strafraumgrenze volley abzog und Werder-Keeper Sebastian Rauch keine Chance ließ. Die 2:1-Führung für Werder hat die Vorgeschichte eines „glückliches Händchens“, wie sie verfasst wird, wenn ein Trainer just jenen Spieler einwechselt, der unmittelbar danach das Tor macht. In diesem Fall war es in der 62. Minute Christopher Schulze, der Sekunden nach seiner Einwechslung einen feinen Pass des starken Florian Neuschäfer-Rube in den Lauf gespielt bekam, sich über links gut durchsetzte und mit einem satten Schuss vollendete. Beim 2:2-Ausgleich fünf Minuten später machten es die Werderaner den Gästen zu leicht, als sie in der Mitte den Ball verloren und Dawid Jankowski nach schönen Doppelpass ungehindert einschieben konnte. Dennoch bescheinigte Thomas Leek seiner Mannschaft eine erstaunliche Reife. „Wir wollten Seelow ärgern und ihnen den Schneid abkaufen. Das ist uns gelungen“, sagte er. Dass Armin Schmidt in der 75. Minute freistehend aus halbrechter Position das leere Tor nicht traf und somit vielleicht einen Werderaner Sieg vergab, hat Leek nach Abpfiff sehr wohl erwähnt – just als auf der Insel das Glockengeläut einsetzte.
Werderaner FC: Rauch; Fuchs, Wolter, Eichhorn, Huth; Siegel (61. Schulze), Schultz; Blondzik, Neuschäfer-Rube, A. Schmidt (67. M. Schmidt); Eichstädt. Tore: 1:0 Eichstädt (21.), 1:1 Nasser (56.), 2:1 Schulze (62.), 2:2 Jankowski (67.). Rote Karte: Budzalek (Seelow, 72.)
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