Landeshauptstadt: Erster Schultag ohne Zuckertüte
Hartz-IV-Empfänger erhalten kein Extrageld zur Einschulung ihrer Kinder
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Ranzen, Federmappe, Schreiblernstift, Schulhefte, Bücher, Turnbeutel: Die Erstausstattung eines ABC-Schützen kostet im Durchschnitt rund 200 Euro. Eine Summe, die Hartz-IV-Empfänger aus ihrem Regelsatz bestreiten müssen. Der Leistungsträger, die Potsdamer Arbeitsgemeinschaft zur Grundsicherung Arbeitssuchender (Paga), gewähre keinen Zuschuss für die Einschulung der Erstklässler, bestätigte Paga-Büroleiterin Uta Kitzmann auf PNN-Anfrage.
Dabei liegt der Regelsatz einer alleinerziehenden Mutter beispielsweise bei 345 Euro zuzüglich Wohnkosten sowie Sozialleistungen für ein Kind bis 14 Jahre in Höhe von 207 Euro. Sind beide Eltern ALG-II-Bezieher haben sie zusammen 622 Euro plus die 207 Euro zur Verfügung. Davon müsse man seinen Lebensunterhalt bezahlen, erklärte Jürgen Weber, Vorsitzender des Potsdamer Vereins Hartz IV Betroffene e.V. Sparen sei da „kaum möglich“, so Weber. Schon gar nicht so viel, dass davon am Ende eine Erstausstattung für die Schule zu bezahlen sei. Der Vereinsvorsitzende glaubt deshalb, dass viele Kinder von Hartz-IV- Empfängern den Ernst des Lebens bereits an ihrem ersten Schultag „mit aller Härte“ zu spüren bekämen. Wie viele Kinder von Leistungsbeziehern in diesem Jahr eingeschult werden, sei nicht genau zu sagen, so die Auskunft der Paga, die aber die Zahl der Kinder im einschulungspflichtigen Alter mit über 500 beziffert: 250 von ihnen sind sechs, 256 sieben Jahre alt.
Dass nicht für jedes Ereignis im Leben Extragelder gezahlt würden, hält Frank Thomann, Geschäftsführer der Potsdamer Arbeitsgemeinschaft, für eine grundsätzlich gute Regelung. Als diese Zusätze noch vom Sozialamt gewährt wurden, habe dies ein hohes Maß an Mehrarbeit bedeutet. „Jeder Antrag musste ja genau geprüft werden“, so Thomann. Heute sollte im Regelsatz alles enthalten sein. Ausnahmen gebe es trotzdem: So würden zusätzliche Pauschalen bei Schwangerschaft und Geburt sowie für mehrtägige Klassenfahrten gezahlt. Des weiteren könnten Hartz- IV-Empfänger von der Zuzahlung von Schulbüchern befreit werden. Dass der Regelsatz nicht in allen Fällen ausreiche, bezweifelt der Paga-Chef nicht.
Damit der erste Schultag für die Kinder aus sozial schwachen Verhältnissen nicht ohne Schultüte beginnen muss, will der Verein „Hartz IV Betroffen“e bis zur Einschulung am 25. August jetzt mobil machen. „Wir suchen Menschen, die Geld oder auch Sachmittel spenden, mit denen wir zur Erstausstattung beisteuern oder die Schultüten bestücken können“, sagte Weber. Die Fraktionen im Landtag und in der Stadt habe er bereits angeschrieben. Auch einen namhaften Schreibwarenhersteller – letzteren allerdings ohne Erfolg.
Der Verein im Internet
www.hartz-4-betroffene.de
Nicola Klusemann
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