Aus dem GERICHTSSAAL: Erwischt bei schwerem Diebstahl Anhängerdieb muss
900 Euro Strafe zahlen
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Als Bauleiter hatte Ernst E.* einst das Sagen auf seinem Gebiet. Dann wurde der diplomierte Tiefbau-Ingenieur arbeitslos. „Schon viel zu lange“, resümierte der 61-Jährige vor Gericht. Um ein bisschen Geld dazuzuverdienen, trug der Hartz-IV-Empfänger Anzeigenzeitungen aus. Das heißt, er kutschierte die Druckerzeugnisse mit seiner „kleinen Hitsche“ zu den Empfängern. Weil die nur ein begrenztes Volumen hatte, musste Ernst E. bei seiner Tour mehrfach nachladen. Das ärgerte den Potsdamer.
Wie es der Zufall wollte, parkte seit geraumer Zeit ein Fahrradanhänger in seiner unmittelbaren Nachbarschaft in Potsdam-West. Der war zwar mit einem Schloss gesichert, der Besitzer schien sich um sein Eigentum allerdings nicht zu kümmern. Am 22. Oktober 2013 versuchte Ernst E. das Schloss des Hängers, mit dem er die Zeitungen in einem Rutsch in den Briefkästen versenken könnte, zu knacken. Dummerweise wurde er dabei von einem Nachbarn beobachtet. Der rief die Polizei.
Die Staatsanwaltschaft warf dem Potsdamer Diebstahl im besonders schweren Fall vor. Das Amtsgericht unter Vorsitz von Waltraud Heep verhandelte jetzt im beschleunigten Verfahren gegen ihn. Ernst E. akzeptierte seine Geldstrafe von 900 Euro ohne Wenn und Aber. Bar bezahlen kann er die Sanktion allerdings nicht. Deshalb nahm er den Hinweis der Richterin dankbar an, das Urteil in gemeinnützige Arbeit – vielleicht Laubfegen im Park – umwandeln zu lassen. „Dann komme ich wenigstens mal unter Menschen“, sagte der Angeklagte.
„Leute, die in dem Haus wohnen, haben mir gesagt, der Hänger gehört niemandem. Der nimmt nur Platz für ihre Fahrräder weg“, erzählte Ernst E. zu Verhandlungsbeginn „Da habe ich gedacht, ich könnte ihn mir holen. Er wäre mir gerade zupass gekommen.“ „Bei Ihrem Bildungsgrad dürfte Ihnen klar gewesen sein, dass das kein Sperrmüll war“, entgegnete Richterin Heep. „Ich hätte auch gerne einen Porsche und stehle ihn nicht. Wenn Ihnen jemand sagt, spring von der Brücke, machen Sie das dann auch?“, fragte sie nach. „Es wäre vielleicht am besten“, antwortete das Häufchen Unglück auf der Anklagebank.
„Herr E. hat in den letzten Jahren vermehrt Abonnements für Versicherungen und Zeitungen abgeschlossen. Hinterher konnte er sich daran nicht mehr erinnern“, meldete sich die Betreuerin des Angeklagten. Sie unterstützt den Alkoholkranken in finanziellen Fragen. „Ich sichte gerade seine Post und versuche, das Schlimmste abzuwenden.“ Ziel sei es, den Mietschuldenberg des Hartz-IV- Empfängers abzutragen und seine Wohnung zu erhalten. „Was ich getan habe, war ein Fehler“, betonte Ernst E.: „So etwas kommt nicht wieder vor.“ Ganz glauben kann ihm die Vorsitzende nicht. „Am 19. Juni 2013 habe ich Sie wegen Diebstahls einer Bratwurst und eines Nadeleinfädlers zu einer Geldstrafe auf Bewährung verurteilt. Bewährt haben Sie sich nicht.“ Läuft es schlecht für den Angeklagten, muss er diese Geldstrafe in Höhe von 100 Euro auch noch bezahlen. (*Name geändert) Hoga
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